Seit Februar vergangenen Jahres werden im Bremer Klärwerk Seehausen regelmäßig Proben für einen besonderen Zweck entnommen. Das Abwasser wird auf diese Weise auf Coronaviren untersucht. Die Hansestadt gehört zu einem bundesweiten Forschungsprojekt, an dem 20 Kläranlagen beteiligt sind. Weil sich im Abwasser Virenlasten feststellen lassen, können so Rückschlüsse auf das Pandemie-Geschehen abgeleitet und Ausbrüche früher erkannt werden. Die Daten werden wie auch die Inzidenzwerte und die Hospitalisierungsrate an das Robert Koch-Institut weitergeleitet.
In der Stadt Bremen liegt das Projekt in den Händen der Hanse-Wasser, die das Klärwerk betreibt. Die Methode funktioniere, und die Virenlast in der Abwasserkurve entspreche im Allgemeinen sehr gut den gemeldeten Inzidenzwerten. Aber: Im Zeitraum ab Juli vergangenen Jahres würden die Werte Hinweise darauf geben, dass die tatsächlichen Inzidenzen höher liegen als die offiziellen Zahlen auf der Basis der gemeldeten Fälle, wird Hanse-Wasser in einem Bericht des Umweltressorts zitiert. Damit ist klar, was viele ahnten: Nur ein Teil der Infektionen wird gemeldet, und die Zahl der Infizierten ist höher, als die offiziellen Meldungen vermuten lassen.
Bis zu 200 Klärwerke sollen bundesweit mitmachen
Das Bundesgesundheitsministerium will nun die Abwasser-Analyse als ergänzendes Instrument der Früherkennung etablieren. Das aktuelle Projekt endet im Januar. Aber ab Frühjahr 2023 soll eine zweite Untersuchungsphase beginnen, bei der weitere Kläranlagen mitmachen können. Ziel ist es, 150 bis 200 Analyse-Standorte in allen Bundesländern aufzubieten, um flächendeckend die Entwicklung der Pandemie verfolgen zu können.
Bremerhaven möchte bei dem Projekt neben Bremen nun ebenfalls mitmachen. Die Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG), die die Bremerhavener Kläranlage betreibt, hat laut Umweltressort bereits Interesse am „Pandemie-Radar“ bekundet und wurde vom Ressort als weiterer Standort gemeldet.
Einige Details müssen noch geklärt werden
Das bestätigt BEG-Geschäftsführer Stefan Ketteler. Allerdings müssten zunächst noch einige Details geklärt werden. „Doch die Wahrscheinlichkeit ist groß“, sagt er. Die BEG ist von dem Projekt überzeugt, weil die ersten Ergebnisse gezeigt hätten, dass die Abwasserüberwachung als Frühwarnsystem funktioniere. „Das wollen wir unterstützen“, sagt Ketteler.
Die Untersuchung des Abwassers wird künftig nicht nur auf Coronaviren beschränkt. Laut Bericht des Umweltressorts will man perspektivisch mit dem Abwasser weitere Krankheitserreger überwachen.