Watt, so weit das Auge reicht. „Und Sonnenuntergänge aus der ersten Reihe“, schwärmt Andreas Wunderlich. Zusammen mit seiner Frau Mareike steht der Nordholzer am Westende des Dorumer Yachthafens. Noch ist der Liegeplatz an der Wurster Nordseeküste verwaist. Doch die Wunderlichs sehen sie schon vor sich - die „Nigehörn“, ein wattgängiges Plattbodenschiff aus Stahl mit Holzaufbauten. Im vergangenen Jahr hatten sie den maritimen Schatz im Internet entdeckt.

An diesem Liegeplatz am Westende des Dorumer Yachthafens, vor den Toren des Nationalparks Wattenmeer, möchten Mareike und Andreas Wunderlich die "Nigehörn" vertäuen.
Foto: Heike Leuschner
Schiffstyp mit niederländischer Fischereigeschichte
Ein Bootsbauer aus Bremen hatte die „Nigehörn“ von 1991 bis 1995 selbst gebaut und genutzt, erzählt Wunderlich, während er in einem Fotoalbum blättert, das die Entstehungsgeschichte des Stahlschiffes Schritt für Schritt dokumentiert. Der Bau erinnert an einen Schokker. So werden niederländische Fischereisegelschiffe genannt, die Fischer bis ins 19. Jahrhundert zum Fischfang in der Zuiderzee genutzt haben. Beliebt ist der Schiffstyp bis heute - allerdings nicht mehr bei Fischern, sondern Sport- und Freizeitskippern.
Andreas Wunderlich ist gebürtiger Cuxhavener und selbst Skipper aus Leidenschaft. Seit 2019 bringt er mit seiner Segelyacht „Kapitän Charles Louis W.“ von Dorum-Neufeld aus Einheimischen und Urlaubern das Weltnaturerbe Wattenmeer näher. Zwei weitere Wasserfahrzeuge betreibt er mittlerweile von Bremerhaven aus.

Die "Nigehörn" ist ein neun Meter langes Plattbodenschiff mit Stahlrumpf und Holzaufbauten.
Foto: privat
Übernachtungen im Nationalpark Wattenmeer
Bis zu zweieinhalb Stunden fährt er mit Gästen hinaus auf die See, erzählt von Prielen und Untiefen, von Leuchttürmen und gesunkenen Schiffen. Doch dem Küstenmensch Wunderlich ist das nicht genug. Er will Gästen noch mehr bieten.
„Die Idee, Menschen Übernachtungen mit Blick auf den Nationalpark Wattenmeer zu ermöglichen, hatte ich schon vor Corona“, erzählt der gelernte Kfz-Meister. Die Pandemie mit ihren zahlreichen Einschränkungen habe ihn zunächst wieder davon abgebracht, ein Boot für touristische Übernachtungen anzuschaffen.

Ohne Nagelbrett geht es auf einem Segelschiff wie der "Nigehörn" nicht. Die Vorrichtung dient der Befestigung von Belegnägeln.
Foto: privat
Inzwischen sind er und seine Frau wieder optimistisch. Als sie Ende vergangenen Jahres die „Nigehörn“ im Internet entdeckten, war ihnen schnell klar: „Maritim, traditionell, gemütlich - das ist es“, sagt Mareike Wunderlich.
Sogar einen Ofen gibt es an Bord
Die Ausstattung der „Nigehörn“ sei einfach und auf gar keinen Fall mit einem klassischen Hausboot zu vergleichen, sagt Wunderlich. „Ohne Schnickschnack oder Tüddelkram, wie wir hier oben zu sagen pflegen.“ Dabei gibt es fast alles an Bord, um auf große Reise zu gehen.
Die Bordküche ist so ausgestattet, dass man sich selbst verpflegen kann. Für Wärme an kühleren Tagen sorgt ein kleiner Ofen im Salon. Auch einen kleinen Waschraum für die schnelle Seemannswäsche gibt es an Bord. Was es nicht gibt, sind neben einem Fernseher auch WC und Dusche. Sanitäranlagen finden die maximal drei Übernachtungsgäste rund 50 Meter entfernt in den Räumen des Dorumer Yachtclubs.

Blick in den kleinen aber feinen Salon der "Nigehörn".
Foto: privat
Fest vertäut und trotzdem in Bewegung
Noch steht das Schiff in seinem Winterlager in Bremen. Anfang April will Wunderlich die „Nigehörn“ nach Dorum-Neufeld holen. Auf dem Wasserweg, schließlich ist das Schiff seetauglich. An Gäste werde es aber nur fest vertäut im Hafen vermietet. Bewegung ist trotzdem garantiert: „Es schwimmt täglich zweimal mit der Flut auf und fällt wenige Stunden später bei Ebbe wieder trocken“, erklärt Wunderlich.
Nach ein paar kleineren Verschönerungsarbeiten, die der Schiffseigner selbst erledigen will, soll die „Nigehörn“ voraussichtlich im Mai oder Juni erstmals vermietet werden. Die Saison dauert bis in den Herbst. Spätestens am 31. Oktober muss das Schiff - sturmflutbedingt - bis zum nächsten Frühjahr ins Trockene.
Was machen Wunderlichs Leuchtturm-Pläne?
Übrigens: Andreas Wunderlich ist nicht nur Bootseigner, er besitzt auch einen ausgedienten Leuchtturm, den er schon längst am Kutterhafen von Spieka-Neufeld als „Hotel für Zwei“ aufstellen und vermieten wollte. Bislang haben behördliche Auflagen dieses Vorhaben ausgebremst. Wie es mit Wunderlichs Leuchtturm-Plänen weitergeht, lesen Sie in den nächsten Tagen.