Mit diesem Jammerlappen muss man einfach Mitleid haben. Er fühlt ja schließlich auch in der Komödie „Amor sucht die Liebe“ mit den Menschen mit. Die können sich anscheinend gar nicht mehr richtig verlieben, findet er. Das liegt nicht nur daran, dass er seinen Pfeil und seinen Bogen - sein Werkzeug sozusagen - verloren hat wie andere Leute ihren Haustürschlüssel, sondern, so seine Beobachtung, weil sich „heutzutage niemand mehr festlegen will“.
Doch was kann ein gerupfter Gott da schon groß ausrichten? Er sorgt auf jeden Fall im Piccolo Teatro für gute Laune, wenn er mit seinen Wortspielen loslegt. Beispiel gefällig?„Entschuldigen Sie, aber Sie haben nicht zufällig meinen Bogen gesehen. Also ich meine keinen Geigenbogen, auch keinen Fragebogen, nicht einen Ellenbogen und auch keinen Regenbogen. Na ja, vielleicht macht der Bogen auch einfach einen Bogen um mich. Das ist eine bogenlose Frechheit!“
Ein bisschen erinnert Amor, gespielt von Andreas Brendel, an den Hanswurst aus dem Jahrmarktstheater, wobei er eigentlich nicht wie ein Bauer aussieht, sondern eher wie ein Künstler. Er trägt - wie es sich für einen Showstar gehört - eine Sonnenbrille und macht zu Anfang einen auf Marlene Dietrich.
Bühnenbild ist minimalistisch
Regisseur Daniel Meyer-Dinkgräfe verzichtet bei diesem an sich schon komischen Zwei-Personen-Stück meist auf weitere Übertreibungen. Auch das Bühnenbild ist minimalistisch - allerdings mit angedeutetem Bremerhaven-Bezug wie der Lili-Marleen-Laterne.
Amor ist beileibe nicht der einzige schräge Vogel in dieser Komödie, die sich der Schauspieler Andreas Brendel ausgedacht hat. Die Figuren haben alle irgendwie einen Hau, die nach und nach wie in Schnitzlers „Reigen“ an uns vorüberziehen. Nur dreht sich hier nicht alles wie in dem Skandalstück von anno dunnemals um Sex, hier geht es erst einmal darum, sich überhaupt nahezukommen.
Brendel hat sich bei seinem Stück von der Komödie „Was Frauen wollen“ von Sabine Misiorny und Tom Müller inspirieren lassen, die im vergangenen Jahr dem Piccolo Teatro ein volles Haus bescherte. Deswegen freut sich Hausherr Meyer-Dinkgräfe, dass Brendel sich an eine Fortsetzung wagte.
Sprechender Fahrkartenautomat ist komisch
Die Figuren in „Amor sucht die Liebe“ sind noch ein bisschen verrückter als in der Vorlage. Mein ganz spezieller Liebling ist ein Fahrkartenautomat, der sprechen kann - kurz SPRA-TAU genannt -, der sich in das Bushaltestellen-Schild verguckt. Doch auch die menschlichen Charaktere sind herrlich schräg, angefangen über die Erzieherin mit der Kieks-Stimme über die Handwerkerin im Blaumann, die kräftig berlinert, die durchgeknallte Künstlerin, die Diva im Nerz bis hin zum Mädel im roten Kleid. Die männlichen Parts sind ebenfalls nicht ohne, ob es sich nun um einen Zauberer mit Federboa handelt, um einen verzweifelten Mann, dem es nicht gelingt, ein Ticket aus dem Automaten zu ziehen oder um das Muttersöhnchen Dieter, der uns in seinem karierten Hemd und in der Fliege irgendwie bekannt vorkommt. Kein Wunder, der brachte uns doch schon in „Was Frauen wollen“ zum Schmunzeln.
Hand aufs Herz: Möchte sich jemand mit einem dieser merkwürdigen Gestalten treffen? Eher nicht. Doch auf der Bühne sind sie alle zum Verlieben. Einfach toll, wie Andreas und Vania Brendel jeder Gestalt im Handumdrehen eine eigene Farbe zu verleihen. Uns hat auf jeden Pfeil Amors Pfeil getroffen. Wir haben uns auf Anhieb in diese unterhaltsame Komödie verliebt.