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Bitterböse: „Helden der Wahrscheinlichkeit“

Dieser Film treibt die Frage nach der Macht des Zufalls tragikomisch auf die Spitze. Denn manche Dinge entziehen sich der Logik, wie die bitterböse Komödie mit Mads Mikkelsen zeigt.

Von Cordula Dieckmann, dpa
25. Juli 2023
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Vater Markus (Mads Mikkelsen) und seine Tochter Mathilde (Andrea Heick Gadeberg) trauern.

Vater Markus (Mads Mikkelsen) und seine Tochter Mathilde (Andrea Heick Gadeberg) trauern.

Alles im Leben hängt irgendwie zusammen. Ein Mann verliert seinen Job und fährt früher nach Hause als gewöhnlich. Eine Frau stirbt bei einem Bombenanschlag in der U-Bahn. Und ein Mädchen wünscht sich ein Fahrrad.

In „Helden der Wahrscheinlichkeit“ spinnt der Däne Anders Thomas Jensen daraus eine skurrile und anrührende Geschichte mit bitterbösem Humor. Der Film läuft im „ARD-Sommerkino“ am Dienstag um 22.50 Uhr im Ersten. In den Hauptrollen unter anderem: Mads Mikkelsen („Der Rausch“) und Nikolaj Lie Kaas („Verachtung“).

Die Frau, die bei dem Attentat stirbt, hinterlässt ihre Tochter Mathilde und ihren Mann Markus, gespielt von Mikkelsen. Beide sind in tiefer Trauer, als ein merkwürdiges Trio vor ihrem Haus auftaucht, darunter Otto (Lie Kaas). Er fühlt sich am Tod der Frau mitschuldig, weil er ihr seinen Sitzplatz überlassen hat, auf dem sie wenig später starb. Mit komplizierten Berechnungen und Kausalketten will er mit Lennart und Emmenthaler beweisen, dass eine Verschwörung die Ursache für den Anschlag war. Und er hat sogar eine Idee, wer die Schuldigen sein könnten. Plötzlich wird aus den Wahrscheinlichkeiten und Vermutungen Ernst und alle finden sich in einer höchst gefährlichen Lage wieder.

Jensen hat seinen Film gespickt mit Situationskomik und Wortwitz. Die Charaktere sind trotz aller Schrägheit aber keine Witzfiguren, denn alle tragen an ihrem persönlichen Schicksal, das ihnen schon viel zugemutet hat. Otto etwa, der brillant rechnen kann und mit seinen Wahrscheinlichkeitsrechnungen den Unwägbarkeiten des Lebens beikommen will, dabei aber nie ernst genommen wird. Emmenthaler dagegen ist ein Hackergenie und lebt nur in seiner Computerwelt. Und Lennart rennt von einer Therapie zur nächsten. Markus dagegen sinnt auf Rache. Mikkelsen spielt ihn eindringlich als harten Eigenbrötler, der sich als Soldat nicht mit Empfindlichkeiten aufhält und den Schmerz über den Tod seiner Frau mit Wut betäubt.

Regisseur Jensen zeigt Menschen, die aufgrund ihrer Eigenheiten nicht ins normale Schema passen - und gerade deshalb so anrührend und nahbar sind und mit ihrer unbeholfenen, seltsamen Art sogar Markus und vor allem seiner verstörten Tochter Mathilde etwas Trost spenden. So ist „Helden der Wahrscheinlichkeit“ trotz ein paar Szenen mit heftiger Gewalt ein wunderbarer Film, der zu Herzen geht und deutlich macht: Manchmal ist es besser, nicht für alles eine Erklärung zu suchen, sondern einfach das Unausweichliche zu akzeptieren.

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