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Epische Sage neu erzählt: „Die Nibelungen“ bei RTL+

Das Spektakel um Drachentöter Siegfried und seinen Mörder Hagen gilt als eine der Lieblingssagen der Deutschen. Nun kommt das Epos ins Fernsehen.

Von Wolfgang Jung, dpa
5. November 2025
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Von der alten Heldensage bleibt vor allem ihr Schatten. Wenn ab Donnerstag (6. November) beim Streamingdienst RTL+ der Sechsteiler „Die Nibelungen - Kampf der Königreiche“ startet, beginnt keine Wiederholung der Schulbuchgeschichte, sondern eine Neuvermessung des Mythos: still, dunkel, menschlich.

Die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert verwandeln das Nibelungenlied, eine der Lieblingssagen der Deutschen, in einen bildstarken Mittelalterthriller über Macht, Liebe und Verrat. Gedreht wurde etwa in Tschechien, im Nebel, im Schnee, unter einem Himmel, der kaum Licht kennt. Die Atmosphäre ist frostig, die Gesichter sind müde, und über allem liegt die Frage, was Treue bedeutet.

Eine Welt ohne Sonne – aber voller Glut

Im Zentrum steht Kriemhild (Lilja van der Zwaag), Tochter des burgundischen Königs, deren Leben in Worms von Erwartungen und Grenzen bestimmt ist. Dann erscheint Siegfried von Xanten (Jannis Niewöhner), Drachentöter, Fremder, Held wider Willen - und bringt Unruhe in die Ordnung des Reichs.

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„Ihr seid eine verlorene Seele“, sagt Kriemhild an einer Stelle. „Dann passe ich ja gut hierher“, entgegnet Siegfried. Zwischen ihnen: Hagen von Tronje, gespielt von Gijs Naber. Er ist ein Krieger zwischen Pflicht und Leidenschaft, zwischen Treue und Verrat. Nabers Hagen ist weniger Bösewicht als tragische Figur - ein Mann, der Loyalität mit Selbstverleugnung verwechselt. In dieser Lesart ist der Verrat kein Akt des Hasses, sondern der Verzweiflung.

Ein Mittelalter, das man fast riechen kann

Rosalinde Mynster spielt die Walküre Brunhild als stolze Kämpferin, Dominic Marcus Singer den König Gunter als schwankende Gestalt zwischen Macht und Angst. Jörg Hartmann, bekannt aus dem Dortmunder „Tatort“, verkörpert König Dankrat. Es sind zentrale Figuren in einem Geflecht aus Loyalität und Stolz.

Die Serie verzichtet nicht völlig auf die Blut- und Schwertästhetik vieler Historienstoffe. Vor allem aber zeigt sie ein Mittelalter, das man fast riechen kann: Rauch, Eisen, Schnee. Die Musik (Jacob Shea, Adam Lukas) hallt düster, die Bilder wirken wie Gemälde (Kamera: Philip Peschlow). Flackerndes Feuer erhellt Gesichter, es ist eine farbarme, lebensfeindliche Umgebung.

Ein Reich im Zwielicht

Manchmal schimmert die Gegenwart scheinbar durch: Flüchtlinge sollen vom Reich Burgund ferngehalten werden und kommen doch in großer Zahl. „Die stärkste Waffe gegen die Angst sind Grenzen. Sie sorgen dafür, dass alles so bleibt, wie es ist“, heißt es sinnbildlich in der Serie.

Produziert wurde die Reihe von Constantin Film in Zusammenarbeit mit RTL+, basierend auf dem Roman „Hagen von Tronje“ von Wolfgang Hohlbein. „Die Nibelungen - Kampf der Königreiche“ zeigt keine glorreiche Vergangenheit, sondern eine Welt im moralischen Zwielicht. Eine Sage, die ihre Unsterblichkeit vielleicht daraus bezieht, dass sie immer wieder neu erzählt werden kann.

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