Politik

Selenskyj: Russland ist mit Gesprächen nicht zu stoppen

Mit großen Erwartungen reiste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in die USA für Gespräche im Weißen Haus. Die erhofften Marschflugkörper bekam er nicht - und Moskau erneuert eine Forderung.

Von dpa
19. Oktober 2025
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Nach seinem jüngsten Besuch im Weißen Haus konnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj keine konkreten Ergebnisse verkünden. (Archivbild)

Nach seinem jüngsten Besuch im Weißen Haus konnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj keine konkreten Ergebnisse verkünden. (Archivbild)

Foto: Alex Brandon

Nach einem Besuch in Washington hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Kriegsgegner Russland eine Verzögerungstaktik bei den Bemühungen um ein Ende der Kämpfe vorgeworfen. „Der Krieg geht nur deswegen weiter, weil Moskau ihn nicht beenden will“, schrieb der Staatschef bei Telegram. Er wiederholte dabei, dass Kiew einer „bedingungslosen Waffenruhe“ bereits zugestimmt habe. Moskau sei es, das weiter Luftangriffe durchführe und an der Frontlinie die Angriffe verstärke. „Mit Gesprächen ist (der russische Präsident Wladimir) Putin nicht zu stoppen - es braucht Druck“.

Selenskyj war am Samstag von einem Besuch bei US-Präsident Donald Trump zurückgekehrt. Bei den über zwei Stunden langen Gesprächen im Weißen Haus konnte Selenskyj die eigentlich angestrebte Freigabe von weitreichenden Tomahawk-Marschflugkörpern für sein Land nicht erreichen. Auch andere erhoffte Zusagen von US-amerikanischer Seite blieben aus. 

Kurz vor dem Besuch hatte Trump ein Telefonat mit Kremlchef Putin geführt und ein baldiges Treffen in Ungarn angekündigt. Trump versuchte schon lange, als Vermittler im Ukraine-Krieg zu intervenieren, bislang ohne größeren Erfolg.

Kritik aus Deutschland an Trump

Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter kritisierte, dass Trump keine Tomahawk-Lieferung für die von Russland angegriffene Ukraine freigab. „Sein Ziel ist es, um jeden Preis einen Friedensschluss zu erreichen. Ihm geht es damit nicht um Frieden in Freiheit und Selbstbestimmung für die Ukraine, sondern um einen Waffenstillstand im Sinne des Aggressors Russland“, sagte Kiesewetter der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das geplante Treffen zwischen Trump und Russlands Präsident Putin. 

Der Politikwissenschaftler und Sicherheitsexperten Christian Mölling sagte dem „Tagesspiegel“: „Es scheint, als ob Trump die Lieferung der Tomahawks hinauszögert - auch, weil er meint, dass er damit ein Druckmittel in der Hand hält.“

Bericht: Putin besteht auf ukrainischem Rückzug aus Donezk

Kremlchef Wladimir Putin soll einem Medienbericht zufolge in seinem Telefonat mit Trump die Abtretung des strategisch wichtigen Gebiets Donezk von der Ukraine als Bedingung für ein Ende des russischen Angriffskriegs gefordert haben. Im Gegenzug soll Moskau bereit sein, Teile von zwei weiteren, teilweise von Russland eingenommen Regionen, Saporischschja und Cherson, aufzugeben, berichtete die „Washington Post“ unter Berufung auf zwei Personen, die über den Inhalt des Telefonats vom Donnerstag informiert seien. 

Russland hat im Laufe der vor mehr als dreieinhalb Jahren begonnenen Invasion die ostukrainische Region Luhansk fast vollständig und die vom Kreml beanspruchten Gebiete Donezk, Saporischschja und Cherson teilweise eingenommen. Zuvor hatte Putin für ein Einfrieren der Front in Saporischschja und Cherson dem Vernehmen nach Kiews vollständige Aufgabe der Regionen Luhansk und Donezk gefordert. 

Einige Beamte im Weißen Haus stellten die neue Forderung nach Donezk laut dem Zeitungsbericht daher nun als Fortschritt dar, da es nun nur mehr um Donezk ging. Selenskyj ging am Sonntag nicht explizit auf die Forderung ein, sagte aber: „Wir werden dem Aggressor nichts schenken.“ Die ebenfalls von Moskau beanspruchte Halbinsel Krim kontrolliert Russland bereits seit 2014.

Treffen von Trump und Putin wohl ohne Selenskyj

Nach dem Telefonat mit Putin hatte der US-Präsident angekündigt, sich „wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen“ mit dem Kremlchef in der ungarischen Hauptstadt Budapest zu Gesprächen treffen zu wollen. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj dürfte wohl nicht an dem Treffen teilnehmen. Trump sagte, er wolle mit dem Ukrainer aber Kontakt halten.

Selenskyj und Trump trafen sich am Freitag in Washington. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff soll der ukrainischen Delegation dabei eine Abtretung von Donezk nahegelegt haben - mit dem Argument, dass die Region überwiegend russischsprachig sei, heißt es in dem Bericht der „Washington Post“. 

Trump hofft, Krieg ohne Tomahawks beenden zu können

Der ukrainische Präsident hatte sich nach eigenen Angaben von dem Treffen eine Freigabe der Lieferung von US-Marschflugkörpern des Typs Tomahawk erhofft. Trump blieb aber vage und betonte noch vor dem Gespräch, die USA bräuchten ihre Tomahawks auch selbst. In dem per Fernsehen übertragenen öffentlichen Teil des Selenskyj-Besuchs sagte der US-Präsident, man könne den Krieg hoffentlich beenden, ohne über diese Waffen nachdenken zu müssen.

US-Medienberichten zufolge darf die Ukraine vorerst nicht auf eine Lieferung von Tomahawks hoffen. Trump habe dem ukrainischen Staatschef bei ihrem Treffen eine entsprechende Freigabe verweigert, berichteten unter anderem das Portal „Axios“ und der Sender CNN unter Berufung auf informierte Quellen. Das Treffen sei „nicht einfach“ gewesen und stellenweise „etwas emotional“, hieß es weiter.

Selenskyj sagte im NBC-Format „Meet the Press with Kristen Welker“: „Es ist gut, dass Präsident Trump nicht „Nein“ gesagt hat, aber heute auch nicht „Ja“ gesagt hat.“ Er könne keine weiteren Details nennen.

In der vergangenen Woche hat Russland nach ukrainischer Zählung über 3.270 Kampfdrohnen, 1.370 Gleitbomben und knapp 50 Raketen verschiedenen Typs gegen Ziele in der Ukraine eingesetzt. „Wir stärken ständig unsere Verteidigung, arbeiten mit unseren Partnern an der Verstärkung der Flugabwehr“, versicherte Selenskyj am Sonntag. Er kündigte weitere Gespräche mit den europäischen Partnern zur Finanzierung von Waffenkäufen aus den USA an.

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