Kino
Rauchende Popstars: Wird die Zigarette gerade wieder cool?
Charli XCX, Sabrina Carpenter und Lorde haben etwas gemeinsam: Die Popsängerinnen inszenieren sich gerne mal rauchend oder besingen die Zigarette. Lifestyle oder riskantes Vorbild?

Zigaretten kommen in der Popkultur konstant vor (Symbolbild).
Foto: Sven Hoppe
Sabrina Carpenter lehnt mit einer Kippe in der Hand über einem Waschbecken, dazu trägt sie eine Art Korsett aus Zigarettenschachteln. Das Foto aus einer Instagram-Bilderreihe für ein Magazin hat mehr als zwei Millionen Likes. In ihrem neuen Musikvideo zum Song „Manchild“ zieht die Popsängerin zudem lässig an einer Zigarette, die zwischen einer Gabel klemmt.
Das Spiel mit der Zigarette scheint aktuell wieder beliebt in der Popkultur zu sein. Auch die britische Sängerin Charli XCX inszeniert sich gerne rauchend. 2024 rief sie mit ihrem Album „Brat“ den gleichnamigen „Brat Summer“ ins Leben. In einem BBC-Interview sagte sie dazu, man brauche eigentlich nur ein Top ohne BH, ein Feuerzeug und - natürlich - eine Packung Zigaretten, um „Brat“ zu sein.
Und Sängerin Lorde bezeichnet eine Ex-Beziehung in ihrem Song „What Was That“ als die „beste Zigarette meines Lebens“. Wird Rauchen - trotz der bekannten Gesundheitsrisiken - gerade wieder cool?

Sängerin Lorde besingt ihre Ex-Beziehung in einem Song als „beste Zigarette meines Lebens“ (Archivbild).
Foto: Scott A Garfitt
Experte: Zigarette taucht aktuell mehr bei weiblichen Popstars auf
Dem Popmusikkultur- und Medienforscher an der Universität Paderborn, Christoph Jacke, fällt eigenen Worten zufolge akut auf, dass die Kippe vor allem bei weiblichen Superstars der Popmusik zunehmend auftaucht. „Das kann freilich auch damit zusammenhängen, dass es mehr von ihnen zu geben scheint.“ Die Zigarette an sich ordnet er aber als eine „kulturelle Konstante“ in der Popmusik ein.
Sie sei nie wirklich weg gewesen und daher aktuell auch nicht wieder massiv zurückgekehrt, findet der stellvertretende geschäftsführende Direktor des Forschungszentrums C:POP. Transdisciplinary Research Center for Popular Music Cultures and Creative Economies. „Vielmehr war sie in verschiedenen Trendwellen mal sichtbarer und mal unsichtbarer.“
Rauchen als Teil der Selbstinszenierung von Stars
Laut Jacke gehören das Rauchen an sich und die Zigarette bei vielen Figuren mit zum Star-Image. „Sie sind auch Teil der Lyrics von Sängerinnen und Sängern und bieten ikonische Bilder zur Lifestyle-Inszenierung auf oder neben der Bühne.“

Rief den „Brat“-Sommer ins Leben: Sängerin Charli XCX (Archivbild).
Foto: Scott A Garfitt
Klar: Diese öffentlichen Selbstinszenierungen bedeuten nicht automatisch, dass die Stars auch abseits des Rampenlichts tatsächlich rauchen. Auffällig sind sie vor allem in den sozialen Medien. So bekam Charli XCX vergangenes Jahr einen Zigaretten-Blumenstrauß zum Geburtstag geschenkt, den sie bei Instagram postete.
Der Instagram-Account Cigfluencers mit mehr als 81.000 Followern veröffentlicht regelmäßig Fotos von rauchenden Promis - etwa von Schauspielerin Natalie Portman am Filmset. Der Betreiber des Profils, Jared Oviatt, sagte der „New York Times“, er habe in der letzten Zeit bemerkt, dass es mehr Material zum Posten gebe.
Zigarette als Verweis auf Selbstermächtigung
Solche Inszenierungen reichen in der Popkulturgeschichte schon weiter zurück, wie Experte Jacke sagt. Schon Sängerinnen wie Patti Smith (78) und die verstorbene Sixties-Ikone Marianne Faithfull ließen sich mit Zigaretten ablichten. „Wenn man sich zum Beispiel die alten Bilder von Patti Smith und Marianne Faithfull anschaut, dann sind das zwei starke weibliche Popmusikstars - damals vielleicht in sehr geringer weiblicher Gesellschaft“.
Das habe sich jetzt sehr geändert. „Ich glaube, dass die heutige Verwendung der Zigarette immer noch ein Verweis auf dieses Empowerment, eine Art Selbstermächtigung ist, so schräg das klingt, ‚wir können das auch‘ und wissen, dass das nicht gesund ist.“
Deutsche Krebshilfe: Selbstinszenierung mit Zigarette ist bedenklich
Vor den gesundheitlichen Risiken des Zigarettenkonsums warnt auch die Deutsche Krebshilfe. Sie beobachte „mit großer Sorge“, dass Popstars und Influencer in den sozialen Medien bewusst Tabakzigaretten zur Requisite Ihrer Selbstinszenierung machen, sagt Gerd Nettekoven aus dem Vorstand der Deutschen Krebshilfe.
„Deren Fans scheinen dies zu feiern, ebenso wie das neu angebotene weibliche Rollenbild, welches mit üblichen Konventionen bricht.“ Jahrzehntelang hätten Aufklärungskampagnen, Wissenschaft und Politik daran gearbeitet, Tabak in die Vergangenheit zu verbannen.
Kein tödliches Produkt verharmlosen
Die Deutsche Krebshilfe appelliert deshalb an Promis, ihre Reichweite und Vorbildfunktion verantwortungsvoll zu nutzen. „Wer das Rauchen inszeniert, trägt dazu bei, dass ein tödliches Produkt verharmlost wird.“
Aus Zahlen der regelmäßig durchgeführten Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (Debra) geht hervor, dass die Zahlen beim Tabakkonsum seit 2022 wieder etwas zurückgehen. 2024 rauchten demnach 6,2 Prozent der 14- bis 17-Jährigen (zum Vergleich: 2022 waren es fast 16 Prozent).
Bei den 18- bis 24-Jährigen griffen 25,7 Prozent zur Zigarette (2022: 40,8 Prozent). Und auch in der Altersgruppe zwischen 25 und 64 Jahren sank die Zahl der Raucher von knapp 42 Prozent auf 37 Prozent, wie die Daten der repräsentativen Befragung zeigen.

Im Musikvideo zu „Manchild“ klemmt Sabrina Carpenter eine Zigarette zwischen eine Gabel (Archivbild).
Foto: Scott A Garfitt