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Zwergenhausen für jeden: Das muss man übers Tiny House wissen

Baugenehmigung, Gebäudeenergiegesetz und mögliche Förderungen: Welche Regelungen gelten eigentlich für ein Tiny House? Finanzexperte Malte Krutzsch, Energieberater Hinderk Hillebrands und Notar Rouven Plöger haben Antworten auf Ihre Fragen.

Angesichts der aktuell hohen Bau- und Energiekosten in Deutschland nimmt das Interesse an Häusern mit besonders geringer Gesamtfläche nach Einschätzung von Experten zu.

Angesichts der aktuell hohen Bau- und Energiekosten in Deutschland nimmt das Interesse an Häusern mit besonders geringer Gesamtfläche nach Einschätzung von Experten zu. Foto: Gambarini/dpa

Benötige ich für ein Kleinsthaus eine Baugenehmigung?

Ja, sofern eine dauerhafte Nutzung beabsichtigt ist. Um sicherzugehen und Kosten einzusparen, empfiehlt sich ein erster unverbindlicher Kontakt mit der zuständigen Baubehörde oder - besser - eine Bauvoranfrage. Im zweiten Schritt ist ein Architekt oder Bauingenieur notwendig, um die Baugenehmigung zu beantragen.

Ich kann danach also auf unserem Grundstück ein Häuschen für unseren Sohn, als Schenkung, hinsetzen?

Nein. Sie müssen zuerst eine Grundstücksteilung vornehmen, wenn Ihr Sohn Eigentümer der Grundstückshälfte und des Hauses werden soll. Meist ist hierfür eine Genehmigung der Baubehörde notwendig. Die Teilung muss dem Bebauungsplan entsprechen, der u. a. die Bebaubarkeit der Flächen regelt. Ein von Ihnen beauftragter Vermesser zieht schließlich die neuen Grundstücksgrenzen ein, die im Grundbuch eingetragen werden.

Ist hierfür ein Notar notwendig?

Sie benötigen den Notar für alle Grundbuchangelegenheiten. Dies betrifft die Übertragung des Grundstücks auf Ihren Sohn wie auch den Neubau. Ein Notar hilft außerdem bei Fragen zum Liegenschaftskataster. Eine Teilung kann nur vorgenommen werden, wenn das Flurstück mit Nummer nach Lage und Größe im Kataster erfasst ist.

Ich habe gehört, dass es zwei unterschiedliche Arten von Grundstücksteilung gibt…

Meist wird die Realteilung vorgezogen, da damit zwei unabhängige Grundstücke entstehen. Die andere Variante ist die sog. ideelle Teilung. Bei dieser Variante wird zwar ein Teil des Grundstücks erworben. Über das Grundstück dürfen die Miteigentümer aber nur gemeinschaftlich verfügen. Es gibt keinen ordentlichen Grenzverlauf, sodass ggfs. Sondernutzungsrechte definiert werden müssen. Die ideelle Teilung kommt meist da zur Anwendung, wo eine Realteilung von der Baubehörde untersagt wird.

Mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Die Grundstücksteilung wird insgesamt einen mittleren vierstelligen Betrag erfordern.

Unterliegen Tiny Houses dem Gebäudeenergiegesetz?

Ja. Zumindest bei dauerhafter Nutzung als Wohngebäude. Es bedarf also einer ausreichenden Dämmung und einer modernen Heizung.

Welche Heizungsart empfiehlt sich denn?

Zu unterscheiden ist zwischen Gas, Holz und Strom. Es kann im Einzelfall sinnvoll sein zwei Heizungsarten miteinander zu kombinieren. Zu berücksichtigen ist zudem die Warmwasseraufbereitung. Der einfachste Weg für die eigene Wärmeversorgung ist zwar weiterhin Gas. Steht jedoch grüner Strom zur Verfügung, bietet sich zum Beispiel eine Warmwasser- oder Warmluftzentralheizung an.

Werden Tiny Houses durch die KfW gefördert?

Nur, wenn die Effizienzhaus-Stufe 40 mit Nachhaltigkeitsklasse erreicht wird, ist ein zinsgünstiger Kredit bei der KfW möglich. Die meisten Tiny Houses erreichen diesen Standard nicht.

Meine Eltern haben für mich einen Bausparvertrag angespart. Ich bin Student und möchte auf deren Grundstück ein preiswertes Kleinsthaus bauen. Geht das?

Sofern die baurechtlichen Aspekte geregelt sind: ja. Umso mehr als dass Sie mit einem „alten“ Bausparvertrag günstige Konditionen für die Darlehensphase zur Verfügung haben. Sprechen Sie bitte mit Ihren Eltern und der betreffenden Bausparkasse über die für Sie passenden Möglichkeiten.

Kann ich als Auszubildender ohne Eigenmittel ein Tiny House mit einem Darlehen finanzieren, um auf dem Grundstück meiner Großmutter zu bauen?

Sofern Sie nicht in naher Zukunft, durch z. B. ein vorzeitig ausgezahltes Erbe, über wenigstens 20 Prozent des Kaufpreises verfügen, raten wir davon ab. Bedenken Sie mit Blick auf Ihr Einkommen zudem die monatliche Belastung.

Wir möchten angesichts der hohen Wohnungsmieten für unsere Tochter in ein paar Jahren auf unserem Grundstück ein kleines Häuschen ermöglichen. Wie finanzieren wir dies am besten?

Wenn Sie acht bis zehn Jahre Zeit haben, empfiehlt sich ein Bausparvertrag, den Sie für Ihre Tochter ansparen und sich so vergleichsweise günstige Konditionen sichern. Ist Ihre Tochter bereits früher „flügge“, und Sie sind angesichts der Zinsentwicklung unsicher, dann bleibt z. B. ein klassisches Baudarlehen kurz vor dem Zeitpunkt der Hausplanung. Nehmen Sie bitte mit Ihrer Hausbank oder Bausparkasse zeitig Kontakt auf, um sich beraten zu lassen.

Kann ich ein Tiny House auf meinem Wiesengrundstück außerhalb der Gemeinde errichten?

Wenden Sie sich bitte an die für Sie zuständige Baubehörde und erläutern Sie Ihr Vorhaben. Im Einzelfall kann evtl. eine Wochenendnutzung insbesondere dann gestattet werden, wenn das Kleinsthaus mobil ist, also über Räder verfügt, bzw. das Grundstück in einem Sondergebiet für Erholung liegt.

Ist ein Grundstück über einen Bausparvertrag finanzierbar?

Grundsätzlich dann, wenn das Grundstück tatsächlich für einen Neubau genutzt werden wird. Allerdings muss ein Bausparvertrag bereits zuteilungsreif sein. Es empfiehlt sich kurzfristig eher ein klassisches Baudarlehen, bei dem Grundstück und Neubau in den Kreditvertrag aufgenommen werden. Überlegenswert sind aber auch zwei Darlehen: eines für das Grundstück und eines für das Haus.

Könnte ich ein mobiles Tiny House denn für einige Monate vor dem Haus meiner Eltern abstellen?

Nein. Wenn Sie Glück haben, findet sich ein Campingplatz, sofern das Häuschen max. 50 Quadratmeter groß ist und eine Höhe von 3,50 Meter nicht überschreitet.

Welche Anforderungen muss ein Kleinsthaus eigentlich erfüllen, um errichtet werden zu dürfen?

Für eine Baugenehmigung eines dauerhaft bewohnten Hauses unerlässlich sind eine Küche und ein belüftetes Bad mit Toilette. Die Raumhöhe muss in der Regel bei mindestens 2,40 Meter liegen. Ist Holz im Spiel, kann eine Blitzschutzanlage gefordert werden. Außerdem unterliegen Treppen, Fenster und Fluchtwege der jeweiligen Landesbauordnung. Das Baugrundstück muss sich zudem im sog. Innenbereich befinden.

Ist ein Tiny House denn ausreichend warm?

Entscheidend sind, wie immer, die ausreichende Dämmung und die richtig dimensionierte Heizung. Die vergleichsweise kleinen Räume sind zudem schnell beheizt. Umgekehrt leiden gerade wenig gedämmte Kleinsthäuser allerdings oft unter Sommerhitze.

Wie lange ist die Bauzeit?

Das richtet sich nach dem Anbieter. Bei mittelständischen Holzverarbeitern müssen Sie wahrscheinlich mit mehr Vorlauf rechnen. Als Hausnummer können Sie von rd. sechs Monaten ausgehen. Bei Fertighausanbietern, die ggfs. vorproduzierte Teile auf Lager haben, kann es theoretisch schneller gehen. Grundsätzlich wird ein Tiny House fix und fertig angeliefert, sodass das Häuschen nur noch an die vorbereiteten Leitungen angeschlossen werden muss.

Gibt es Alternativen zu Tiny Houses?

Wenn Sie eine langfristige Lösung suchen und zum Beispiel eine Bodenplatte einziehen lassen wollen, bieten sich auch Blockhäuser oder kleines Stein-auf-Stein-Gebäude an. Klären Sie im Vorgespräch mit der Baubehörde, was sich am ehesten den örtlichen Rahmenbedingungen anpassen lässt. (wil)

Dieser Artikel wurde erstmals am 21. Februar 2023 veröffentlicht.

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