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Scharfes Schwert, schweres Schaf: Dieser Abschied tut weh

Scharfes Schwert, schweres Schaf: Dieser Abschied tut weh

Schon Roger Whittaker wusste: Abschied ist ein scharfes Schwert. In einer Sendung im Radio, in der man sich Musiktitel wünschen darf, machte eine ältere Dame daraus einmal vor lauter Aufregung „Abschied ist ein schweres Schaf“. Aber das tut hier eigentlich nichts zur Sache und sei nur erwähnt, weil es so drollig und inzwischen legendär ist.

Abschied ist also ein scharfes Schwert. Und dieses Schwert durchbohrte mich unlängst, als ich am frühen Morgen nach meiner üblichen Jogging-Runde am Union-Pier stand und Dehnungsübungen machte.

Kennen Sie das auch? Ein Paar Schuhe hat seine besten Tage eindeutig hinter sich. Aber man mag sich einfach nicht von ihnen trennen. Weil sie so bequem sind. So richtig gut eingelatscht eben. Kumpels mit Sohlen.

So sind auch meine Laufschuhe. Ich habe sie seit vielen Jahren. Wenn sie einen Kilometerzähler hätten, dann würde dieser eine hohe mindestens vierstellige Zahl anzeigen. Denn: Wenn mich die Lust am Laufen packt, dann bin ich sehr konsequent. Und so beginnt, nach dem Wiedereinsetzen dieser Lust, seit etlichen Monaten für mich jeder Tag damit, dass ich in eben diese Schuhe steige.

An besagtem Morgen stand ich nun also am Union-Pier, schaute an mir herunter bis zu den Schuhen - und wusste mit einem Mal, dass unsere gemeinsame Zeit vorbei ist. War es mir bislang nicht aufgefallen? Oder hatte ich es einfach nicht sehen wollen? Dass die Treter schäbig aussehen, kaum noch Dämpfung bieten - klar, geschenkt. Aber das hier? Oh, Mann. Ein nicht unerheblicher Teil der Sohle des rechten Schuhs hatte sich vom Rest meines treuen Wegbegleiters gelöst. Womit sich endlich erklären lässt, warum ich mir beim kleinsten bisschen Feuchtigkeit einen nassen Fuß hole. Was aber nur ein schwacher Trost ist.

Inzwischen habe ich neue Laufschuhe. Sie sind viel zu bunt, zu sauber, viel zu starr, zu unvertraut, einfach zu neu. In ein paar Jahren werde ich sie vielleicht lieben. Aber jetzt noch nicht.

Die alten Schuhe? Bewahre ich auf. Man weiß ja nie. Und überhaupt: Dieses Schaf ist einfach zu schwer.

Detlef Glückselig

Redaktionsleiter

Er ist mit Leib und Seele Lokaljournalist. Seit 1984 berichtet er aus der Wesermarsch. Es sind die Menschen und ihre Geschichten, die ihn interessieren. Detlef Glückselig ist der Redaktionsleiter der Kreiszeitung.

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