Bremerhaven

Das Geheimnis vom Betonklotz im Bremerhavener Weserbad

Hinter der umgekippten Mauer der Nordmole fallen die Blicke am Weserstrandbad bei Niedrigwasser nun mehr als sonst auf einen dicken Betonklotz - das Rätsel, wo das Ungetüm eigentlich herkommt, war Jahrzehnte lang ungeklärt.

Betonkasten

Was steckt denn da im Wesersand? Jahrzehntelang wusste niemand, welche Funktion der Betonklotz hatte. Foto: Scheschonka

Bei Niedrigwasser ist er nicht zu übersehen: Nackter Beton, hier und da von Algen bewachsen, ein bisschen verrostetes Eisen, das aus der Deckplatte herausragt. Wie der Klotz direkt neben der Nordmole da hingekommen ist, wofür er einmal gebraucht wurde – jahrelang wusste niemand darauf eine Antwort.

Mit dem Stahlkasten bis auf den Grund des Fischereihafens getaucht

Wilhelm Biscup konnte das Rätsel nach Jahrzehnten im Jahr 2007 lösen. Er war in den 60er Jahren technischer Amtmann beim Hansestadt Bremischen Amt (HBA), dem Vorläufer der heutigen Hafengesellschaft Bremenports und konnte sich sehr genau an den Betonklotz erinnern. Er war mit ihm sogar bis auf den Grund des Fischereihafens abgetaucht - vor 55 Jahren, im Juni 1967. Biscup war zuständig für alles, „was sich dreht und quietscht“, wie er selbst einmal sagte: Schleusen, Kräne und Brücken unterlagen seiner Fürsorge.

Große Probleme bereitete seiner Abteilung damals die in die Jahre gekommene Fischereihafen-Doppelschleuse. Eine Inspektion mit Hilfe eines Taucherglockenschiffes hatte schwere Schäden an den Schienen, auf denen die Schleusentore rollten, zum Vorschein gebracht. Das Betonfundament bröckelte, die Schienen mussten ausgewechselt werden. Aber wie? „Irgendjemand kam auf die Idee, einen Caisson zu bauen“, erinnerte sich Biscup 2007.

Nagelneuer Schwimmkran „Enak“ kommt zum Einsatz

Einen Senkkasten also, eine wasserdichte Betonglocke, unter der die Arbeiter trockenen Fußes auf dem Grund der Schleuse arbeiten konnten. Der Caisson entstand im HBA-eigenen Dock im Handelshafen. Der damals nagelneue Schwimmkran „Enak“ nahm den 200 Tonnen schweren Senkkasten Mitte Juni 1967 auf den Haken und setzte ihn in der Schleuse ab. Pumpen saugten das Wasser aus dem Kasten – dann konnten die Arbeiter durch eine Röhre hinabsteigen.

„Das war natürlich zuerst nicht so angenehm – der Gedanke, dass man da in einer Luftblase metertief unter Wasser steht“, erinnerte sich Biscup. „Und dann dieser Modergeruch - Schlick stinkt ja gewaltig.“ Aber nach ein oder zwei Tagen hatte er sich an den ungewöhnlichen Arbeitsplatz gewöhnt gehabt - „und das Ding saß bombenfest, wir hatten keinerlei Leckagen.“

Nach dem Einsatz am Weserstrandbad „entsorgt“

Für den Betonklotz hatte nach dem Einsatz keiner mehr Verwendung. Also setzte ihn das HBA am Weserbad ab. „Da stört er niemanden, haben wir uns gedacht“, sagte Biscup. „Und ihn auseinanderzunehmen - das wäre teuer geworden.“

1997 bis 2001 wurde die alte Schleuse durch eine neue ersetzt. Der mannshohe Kasten versank derweil bis zur Deckplatte im Sand und geriet in Vergessenheit - ein Kuriosum am Weserstrand, das nun wegen der fehlenden Molenmauer bei Hochwasser wieder freigespült werden könnte.

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