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Weltklasse mit 31: Der späte Aufstieg des Benedikt Duda
Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov: Das waren lange die großen Namen des deutschen Tischtennis. Die neue Nummer eins bei der Team-EM stand immer in ihrem Schatten - und legt mit 31 Jahren richtig los.

Der aktuell beste deutsche Tischtennis-Spieler: Benedikt Duda. (Archivbild)
Foto: Federico Gambarini
Im Leistungssport läuft es meistens so: Ein Weltklasse-Spieler wird auch schon früh als Weltklasse-Spieler erkannt. Die Tischtennis-Legende Timo Boll stand mit 21 Jahren zum ersten Mal in einem EM-Finale. Der Tennisprofi Alexander Zverev gehörte mit 20 zu den besten Zehn der Weltrangliste.
Bei Benedikt Duda lief das etwas anders. Der aktuell beste deutsche Tischtennis-Spieler ist die Nummer acht der Welt und dazu Vize-Europameister im Einzel. Allein in diesem Sommer zerlegte er den Olympiasieger Fan Zhendong in der deutschen Bundesliga (3:1) und den WM-Zweiten Hugo Calderano bei einem Grand-Smash-Turnier (4:0).
Duda aber wurde vor einem halben Jahr schon 31 Jahre alt. Seine Karriere ist ein gutes Beispiel dafür, was mit Fleiß, Vertrauen und gezielter Arbeit auch im späteren Sportleralter noch alles möglich ist.
Duda erinnert Roßkopf an Roßkopf
In dieser Woche findet in Zadar die Team-Europameisterschaft statt. Die Kresimir-Cosic-Sportarena sieht ein wenig so aus, als wäre mitten in der kroatischen Küstenstadt ein Ufo gelandet. Dort spielt die deutsche Mannschaft am Donnerstag im Achtelfinale gegen Dänemark.
Jahrelang wurde Duda bei großen Turnieren nur als Ersatzmann für Timo Boll, der inzwischen seine Karriere beendet hat, oder als Doppelpartner des Ex-Europameisters Dang Qiu wahrgenommen. In Zadar aber ist er zum ersten Mal die Nummer eins des deutschen Teams.
„Das bedeutet mir sehr viel“, sagt Duda. Und der deutsche Bundestrainer Jörg Roßkopf erklärt diese Entwicklung vor allem mit dem Arbeitseifer seines Spielers. „Wenn er morgen Weltmeister wird, würde er übermorgen nicht zu mir sagen: „Das ist super. Alles toll.“ Sondern: „Was können wir noch besser machen?““

Bundestrainer Jörg Roßkopf beim Training der Tischtennis-Nationalmannschaft. (Archivbild)
Foto: Rolf Vennenbernd
Dudas Aufstieg und Roßkopfs Fürsprache sind eng miteinander verbunden. Der frühere Doppel-Weltmeister hat den Bundesliga-Profi des TTC Schwalbe Bergneustadt immer gefördert. Auch als Duda in seinen Anfangsjahren im Training der Nationalmannschaft noch „sehr, sehr nervös“ gewesen sei.
Aber, so Roßkopf: „Ich habe mich immer an mich zurückerinnert gefühlt. Da dauerte es auch länger, bis der Erfolg kam.“
Nicht mehr mit der Gießkanne
So ließ der Bundestrainer auch zu, dass Duda 2023 neben der Arbeit im deutschen Trainingszentrum in Düsseldorf noch jeweils einen Privattrainer, einen Mentaltrainer und einen Spezialtrainer für seinen Aufschlag engagierte.
Harte Arbeit allein stoße irgendwann an ihre Grenzen. Ganz gezielte individuelle Arbeit habe diese Grenzen aber verschoben, sagt Duda: „Ich trainiere nicht mehr mit der Gießkanne. Was ich jetzt mache, ist speziell auf mich zugeschnitten.“
The biggest debate between Duda and Hugo’s match 🫣
— World Table Tennis (@WTTGlobal) August 22, 2025
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Besonders wichtig ist für Duda die Arbeit mit seinem Mentalcoach. Atemübungen, Visualisierungen: „Tägliche Hausaufgaben“, nennt Duda das. „Wie gut bin ich – das konnte ich lange Zeit nicht richtig einschätzen. Ich konnte meine Emotionen nie richtig kontrollieren. Was nervt, was stört: Das konnte ich nicht beiseiteschieben.“
Hassbotschaften im Internet
Mittlerweile gelingt ihm das. Bei der EM 2024 schlug er nacheinander den Topfavoriten Felix Lebrun aus Frankreich und den früheren Weltranglisten-Ersten Dimitrij Ovtcharov aus dem eigenen deutschen Team. Und was früher „einfach nur ein Zufallsprodukt“ (Duda) gewesen wäre, ging danach auf diesem Level so weiter.
Die Schattenseiten seines Aufstiegs kennt er mittlerweile auch. Menschen, die im Internet auf den Ausgang seiner Spiele wetteten, überzogen Duda auf seinem Instagram-Account mit Hass-Botschaften. Allein in diesem Jahr spielte er neben Bundesliga und Nationalmannschaft noch zwölf internationale Turniere in neun verschiedenen Ländern auf fünf Kontinenten.
„Ich werde versuchen, nächstes Jahr die Termine besser zu planen. Damit ich ausgeruhter bin“, sagt Duda. Denn lernfähig war er schon immer.

Tischtennis-Nationalspieler Benedikt Duda. (Archivbild)
Foto: Rolf Vennenbernd