Meinung & Analyse Gegenwind

Mansplaining: Wenn Männer glauben, sie müssten uns die Welt erklären

Ob beim Smalltalk, Familienessen oder im Job – der allwissende Mann ist überall. Natürlich, Frauen haben nicht genug Gehirnkapazität für komplexe Themen. Willkommen in der Welt des täglichen Mansplaining.

In der Kolumne „Gegenwind“ gehen die Volontäre von Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung auf gesellschaftliche Debatten ein.

In der Kolumne „Gegenwind“ gehen die Volontäre von Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung auf gesellschaftliche Debatten ein. Foto: KI-generiertes Bild mit Adobe Firefly – Gestaltung: Kugler

Legen wir die Karten auf den Tisch: Wie oft kommt es vor, dass ein Mann einer Frau ungefragt und auf herablassende Weise etwas erklärt – als ob Frauen nicht in der Lage wären, auch nur den Hauch eines komplexen Gedankens zu erfassen?

Als ob unser Verstand zu schwach wäre, um mit der schieren Genialität männlichen Wissens mitzuhalten? Dabei kennt die Frau das Thema wahrscheinlich besser. Willkommen in der absurden Welt des „Mansplaining“.

Danke, aber nein danke: Wir haben eure Belehrungen satt

Noch nie davon gehört? Keine Sorge, ich erkläre es euch – ausnahmsweise. Mansplaining setzt sich aus den Worten „man“ (also „Mann“) und „explaining“ (erklären) zusammen. Ja, liebe Herren, ihr erklärt uns die Welt, als wären wir naive Kinder, die ohne eure Weisheit verloren wären.

Es ist völlig egal, wie qualifiziert eine Frau ist oder wie lange wir uns schon mit einem Thema beschäftigen oder wie viel wir darüber wissen. Es wird immer einen Mann geben, der weniger qualifiziert ist, aber meint, er weiß es besser.

Mansplaining ist nicht einfach nur eine lästige Alltagserscheinung, es ist ein Symptom des tief verwurzelten Patriarchats, das sich hartnäckig weigert, endlich abzutreten. Es ist die altbekannte Rolle: Männer reden, Frauen hören zu. Männer dozieren, Frauen schweigen. Dieses unausgesprochene Gesetz zieht sich durch unzählige Gespräche, die wir tagtäglich führen müssen.

Für alle, die nicht wissen, was das Patriarchat ist: Es ist ein Gesellschaftssystem, in dem die Männer die Hauptmacht sowie die Kontrolle haben und damit Frauen systematisch benachteiligt werden. In genau so einem leben wir.

Halbwissen wird zur männlichen Machtdemonstration

Hier mal ein Beispiel, um die Problematik zu verdeutlichen. Stellt euch vor, ihr diskutiert mit einer Wissenschaftlerin über Klimawandel. Ihr habt vielleicht ein paar Artikel darüber gelesen, aber sie hat ihr Leben dem Thema gewidmet, jahrelang geforscht, publiziert, vorgetragen.

Und doch - irgendwie könnt ihr nicht widerstehen und beginnt, ihr in epischer Breite zu erklären, wie das mit den CO2-Emissionen wirklich funktioniert. Warum? Weil tief in euch der Gedanke schlummert: „Sie kann das doch unmöglich so gut wissen wie ich.“

Genau das ist das Problem. Mansplaining ist kein Missverständnis oder ein peinlicher Kommunikationsfehler. Es ist das Spiegelbild der ungleichen Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft.

Doch was bringt einen Mann dazu, seiner Gesprächspartnerin in penetrant herablassender Weise zu erklären, wie die Welt funktioniert? Die Antwort ist einfach: Es ist das tiefe Bedürfnis, Macht auszuüben, ohne sich dessen bewusst zu sein. Mansplaining ist der Versuch, die Kontrolle über das Gespräch und letztlich über die Frau selbst zu behalten.

Es ist ein perfides Machtspiel, das darauf abzielt, Frauen kleinzuhalten und ihnen zu signalisieren, dass sie in dieser Welt nur als Wissensschwächere akzeptiert werden.

Hört endlich zu: Frauen brauchen eure „Erklärungen“ nicht

Und ja, ich weiß, jetzt wird der ein oder anderen aufschreien und mir vorwerfen, ich würde übertreiben, Männern verteufeln und Frauen als unschuldige Opfer darstellen. Aber machen wir uns doch nichts vor: Wenn du als Mann nicht erkennst, wann du mansplainst, das ist das Problem genau bei dir. Nicht bei mir.

Natürlich, nicht jeder Mann ist ein Mansplainer, und nicht jede Erklärung von oben herab ist gleich Mansplaining. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das Frauen täglich erleben – ob im Job, im Studium, auf der Straße oder sogar zu Hause.

Lasst es mich klarstellen: Frauen brauchen eure Belehrungen nicht. Wir brauchen Respekt, Augenhöhe und das Recht, unsere Expertise ohne Unterbrechungen oder fragwürdige „Nachhilfe“ zur Geltung zu bringen. Also, liebe Herren, vielleicht einfach mal Mund halten und zuhören. Ihr könntet überrascht sein, was ihr dabei lernen könnt.

Dieser Artikel ist erstmals im August 2024 erschienen.

1 Kommentare
Dr. Annefried Hahn 11.08.202409:51 Uhr

Liebe Laura Künzel,

vielen Dank für diesen erfrischend und prägnant geschriebenen Artikel. Tatsächlich begegnet mir dieses unwürdige Verhalten von Männern auf LinkedIn öfters. Ich brauche nicht zu wiederholen, was Sie schreiben. Denn es ist leider Alltagsroutine. Ich hoffe, in Zukunft mehr von Ihnen zu lesen.

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