Kamillentee schmeckt nach Kamille, Fencheltee nach Fenchel, Pfefferminztee nach Pfefferminz - da weiß man, was in der Tasse schön duftet und wunderbar wärmt. Aber wonach sollen die Sorten „Halswärmer“ oder „Hol dir Kraft“ riechen und schmecken? Spielen sofort Hormone verrückt bei Tees mit verheißungsvollen Namen wie „Frecher Flirt“ und „Heiße Liebe“? Welche Früchte und Kräuter bringen da Genießer in Wallung? Auch an Kinder wird gedacht: Die Kleinen schlürfen „Lillifee“ und „Freches Bienchen“. Ganz klar: Werbestrategen schlafen nie und versuchen sich als Sprachkünstler.
Schonungslose Ehrlichkeit herrscht bei „Gesundheitstees“: Auf den Packungen steht klar und deutlich, bei welchen Erkrankungen oder Verstimmungen die Beutelchen, übergossen mit kochendem Wasser, helfen sollen: „Blasen- und Nierentee“, „Husten- und Bronchialtee“, „Magen- und Darmtee“. Und diese Sorten riechen auch noch aufdringlich-gesund.
Zu Höchstform laufen PR-Experten vor Weihnachten auf, Jahr für Jahr kommen neue Fantasienamen hinzu. In Adventsstimmung versetzen sollen Winterpunsch“, „Wintermagie“, „Wintertraum“, „Winterpracht“ und „Schneewunder“, Wortschöpfungen mit Marzipan, Spekulatius, Kamin und Schlitten gehen immer. Und erst die Packungen: kitschige Bilder mit Schneelandschaften, Kerzenschein, Rentieren und dem Weihnachtsmann - wenn da nicht Vorfreude aufkommt...
Auch die Seele wird bestens versorgt: Wer braucht schon einen Psychotherapeuten, wenn Tees wie „Lebensfreude“, „Geborgenheit“, „Glücklichsein“ oder sogar „Frauenpower“ uns zurück in die Spur bringen. Diese PR-Flunkerei geht schon in Ordnung. Denn wer brüht sich bei Fieber einen Acetylsalicylsäure-Tee auf?