Moin

Was Bremerhaven mit der größten Gaunerin in der Geschichte Amerikas zu tun hat

Haben Sie je von „Ma Mandelbaum“ aus Kassel gehört? Der berüchtigsten Ganovin der New Yorker Unterwelt? Ohne Bremerhaven wäre sie nie Millionärin geworden.

Marlene Dietrich. Hollywood-Gründer Carl Laemmle. Antonin Dvorak - einer meiner Lieblingskomponisten... Wir schlendern die Kaje am Neuen Hafen längs, mein Kasseler Besuch und ich, und die weiße Fassade des Deutschen Auswandererhauses mit den Schatten-Reliefs von Emigranten fasziniert meine Freundin. Dabei protze ich mit den Namen prominenter Ausgewanderter ab Bremerhaven, die mir spontan einfallen. Und lasse eine Bombe platzen: „... und dann ja auch eine legendäre Tochter deiner Stadt!“ Sie verblüfft. „Keine Ahnung - wer denn?“ Ich gebe schaurig an: „Du kennst nicht die Urmutter des organisierten Verbrechens in Amerika? Ausgewandert aus Kassel 1850?!“ Kennt sie nicht. Und ich auch erst seit ein paar Tagen - seit ich das Buch „Die furchtlose Mrs. Mandelbaum“ von Margalit Fox lese. Kurzfassung: Fredericka Mandelbaum, geboren am 28. März 1825 in eine jüdische Kasseler Händlersfamilie, flieht mit 25 aus Elend und Hungersnot - und zwar an Bord des Dampfsegelschiffes „Erie“ unter Kapitän Diederich Tegeler ab „Bremerhafen“, just am 19. Juli 1850, mit 126 anderen Emigranten, erreicht am 2. September New York, wo sie binnen zehn Jahren zur berüchtigsten Ganovin New Yorks, umschmeicheltes Mitglied der High Society und zum weltweit ersten weiblichen Unterwelts-Boss aufsteigt. „Ma Mandelbaum“ knüpft eine Amerika-weite Logistik-Kette für Diebesgut, vor allem Seide und Juwelen, heuert First-class-Halunken an und häuft ein Millionenvermögen auf, ist vierfache Mutter, in Wohltätigkeitsvereinen aktiv - und wird nie dingfest gemacht. Erst 1884 fliegt sie auf, boxt den Kommissar per Faust k.o. und sich mit Advokatenkunst aus der Anklage heraus, flieht nach Kanada, stirbt 1884 an Nierenversagen und geht als „Mogulin des illegitimen Kapitalismus“ in die Annalen ein. Laut Autorin „wurden zur Berdigung einige Trauergäste Opfer von Taschendieben.“ Die Kasseler Bine grinst. „Schade, dass die ausgewandert ist. Mit so einem Imperium hätte sie sicher Germany great again gemacht.“

Das Cover des Buches "Die furchtlose Mrs. Mandelbaum" von Margalit Fox, erschienen im mvg Verlag, es erzählt fesselnd die unglaubliche Lebensgeschichte der 1850 aus Kassel über Bremerhaven ausgewanderten ersten Unterwelts-Chefin Amerikas.

Das Cover des Buches "Die furchtlose Mrs. Mandelbaum" von Margalit Fox, erschienen im mvg Verlag, es erzählt fesselnd die unglaubliche Lebensgeschichte der 1850 aus Kassel über Bremerhaven ausgewanderten ersten Unterwelts-Chefin Amerikas. Foto: mvg Verlag

Susanne Schwan
0 Kommentare
Newsletter Der ZZ-Newsletter
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
PASSEND ZUM ARTIKEL
nach Oben