Bremerhaven

Das Ende der wilden Räuberhöhlen: Leherheider bekommen neues Wohnquartier

Schluss mit der alten Schmuddelecke am Hakenweg. Aus der grünen „Räuberhöhle“ marodierender Jugendlicher, die einst Leherheide terrorisierten, wird ein gutbürgerliches Quartier. Rund 3 Millionen Euro investiert Sergej Schmidt in eine innovative Idee.

An der Ecke Hakenweg/Mecklenburger Weg entwickelt Bauunternehmer Sergej Schmidt ein neues Wohnviertel. Das Neue daran: Die Doppelhaushälften und Wohnungen sind nicht käuflich, sondern werden zur Miete angeboten. 

An der Ecke Hakenweg/Mecklenburger Weg entwickelt Bauunternehmer Sergej Schmidt ein neues Wohnviertel. Das Ungewöhnliche daran: Die Doppelhaushälften und Wohnungen sind nicht käuflich. Foto: Lothar Scheschonka

Nichts als Schlammwüste. Auf gut 5.000 Quadratmetern Boden zwischen Wasserwerkswald, Lebenshilfe, Hakenweg und Mecklenburger Weg ist bis auf zwei Bäume und Morast nichts mehr übrig von dem wilden Dickicht von einst.

„Wir sind dabei, das moorige Gelände zu drainieren, zu trocknen und fertig für die speziellen Bodenplatten zu machen“, erklärt Bauunternehmer Sergej Schmidt. Bis Herbst 2024 soll hier eine gepflegte Wohnanlage stehen. Allerdings nicht für Häuslebauer.

Graffitis auf einem Trafohäuschen der SWB Bremerhaven. Hier am Hakenweg war einst ein Treffpunkt krimineller Jugendgangs.

Das Gestrüpp am Hakenweg war den Anwohnern jahrelang ein Dorn im Auge: In dem Wäldchen und seinen grünen Höhlen rings um die Trafostation trafen sich die Jugendgangs, die Leherheide lange Zeit in Atem hielt, mit Zerstörungswut und kriminellen Delikten. Das Trafohäuschen gehört der SWB und bleibt auch dort stehen. Foto: Schwan

Rückblende: Vor Corona war diese zugewucherte Ecke am Hakenweg den „Heidjern“, der Lebenshilfe und der Ortspolizei ein dicker Dorn im Auge: Hier trafen sich auf Krawall gebürstete Jugendgangs zu nächtlichen Saufgelagen und Aushecken krimineller Attacken - auf Einfamilienhäuser, Autos, Fahrräder...

Noch im Sommer 2018 verstärkten Polizei und Streetworker ihre Einsätze, um die rund 20 Herumstreunenden zwischen 13 und 20 Jahren zur Raison zu bringen. Man überlegte, einen Teil des Wäldchens auszulichten, vielleicht einen Holzpavillon von Jugendlichen selbst bauen zu lassen.

So weit kam es nicht. Aber die Wortführer der Gang wurden derweil strafrechtlich belangt, und während Corona beruhigte sich nach Aussagen vieler Leherheider die Lage.

Leherheider Baugrund geht weg wie warme Semmeln

So struppig war das Gelände bis vor Corona: Idealer Unterschlupf für marodierende Jugendgangs in Bremerhavens drittgrößtem Stadtteil Leherheide.

So struppig war das Gelände bis vor Corona: Idealer Unterschlupf für marodierende Jugendgangs in Bremerhavens drittgrößtem Stadtteil Leherheide. Foto: Schwan

Genau in jener Zeit hat Sergej Schmidt zugegriffen. Der Bauunternehmer - der auch das ehemalige „Gestapohaus“ in Geestemünde derzeit kernsaniert und zu Studentenwohnungen umbaut - witterte die Chance, auf dem großen Areal am Wasserwerkswald etwas Solides zu entwickeln.

Weil neue Baugrundstücke in Leherheide, zwischen grünem Umland und urbaner Großstadt, weggehen wie geschnitten Brot, hatte Schmidts Firma SKS GmbH die „Wildnis“ vor zwei Jahren von der Eigentümerin SWB gekauft.

Schmidt plante zunächst, „alles weiterzuverkaufen als Grundstücke für Eigenheime“, erzählt der Unternehmer beim Gang mit Ingenieur Maksim Bilyi übers Gelände. Hier soll im Mai schweres Gerät anrücken.

Visualisierung des neu entstehenden Wohnquartiers am Hakenweg: Drei Doppelhäuser und dahinter zwei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohnungen zwischen 70 und 86 Quadratmetern.

Visualisierung des neu entstehenden Wohnquartiers am Hakenweg: Drei Doppelhäuser und dahinter zwei Mehrfamilienhäuser mit je sechs Wohnungen zwischen 70 und 86 Quadratmetern. Foto: Lothar Scheschonka

„Wir haben aber umentschieden: nicht zu verkaufen, sondern selbst zu bauen und zu vermieten. Diese Möglichkeit fehlt hier bislang, zum Beispiel für junge Familien oder Senioren, die ihr Haus verkaufen und in ihrem Viertel bleiben wollen.“

Rund drei Millionen Euro investiere die SKS in Grundstückskauf, Rodung und Bau von drei Doppelhäusern und dahinter zwei Mehrfamilienhäusern.

„Weil in Absprache mit dem Umweltschutzamt viele Bäume wegmussten, haben wir auch eine Ausgleichsfläche dazugekauft.“ Er stehe im Startloch, warte auf die behördliche Genehmigung für die Baustraße vom Hakenweg aus.

Neubauten am Hakenweg

Karte: Mapcreator.io | OSM.org

Hier entstehen sechs Doppelhaus-Hälften mit je 86 Quadratmetern Wohnraum, die zur Miete angeboten werden.

Zeitgleich dahinter zwei Häuser mit jeweils sechs Mietwohnungen zwischen 76 und 87 Quadratmetern.

Dazwischen: Gärten, Parkplatzflächen, auch ein Spielplatz ist geplant, angrenzend an die jüngste Neubausiedlung am Mecklenburger Weg.

Blick über das neu entwickelte Areal am Hakenweg in Bremerhaven-Leherheide  auf die Einmündung zum Mecklenburger Weg.

Rund 5.000 Quadratmeter misst das von Bauherr Sergej Schmidt selbst gerodete, moorige Areal zwischen Wasserwerkswald und dem Mecklenburger Weg: Hier der Blick von der Lebenshilfe aus am Hakenweg entlang bis zum Mecklenburger Weg. Foto: Lothar Scheschonka

Schmidt setzt auf die Attraktivität der Lage: Der Buswendeplatz schräg gegenüber, Einkaufszentrum fußläufig erreichbar, und vor allem der Wald vor der Tür. „Wir bauen barrierearm und tüfteln gerade noch an einem innovativen Energiesystem. Auf jeden Fall gibt es Solaranlagen auf den Dächern.“

Eineinhalb Jahre Bauzeit kalkuliere er ein. „Wir gehen derzeit davon aus, dass wir ab Sommer 2024 vermieten können.“ Die Kaltmiete kalkuliere er auf 10 Euro pro Quadratmeter. „Dafür wird aber alles sehr energiesparend.“

Susanne Schwan
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