Das Wetter hat die Deichbrand-Crew nicht nur beim Aufbau auf die Probe gestellt. Wind und Regen forderte ihr Know-how heraus, trotz Sicherung war das halb errichtete Palastzelt vor Festivalstart dem Wind zum Opfer gefallen und musste neu aufgebaut werden.
Nach knapp vier Tagen feinster Festival-Stimmung trotz Regen kam auch noch eine Sturmwarnung hinzu - mit Böen bis Windstärke neun. „Das hat uns sehr genau hinschauen lassen und hätte hier einige Maßnahmen in Gang gesetzt, wenn der Sturm tatsächlich gekommen wäre“, macht Deichbrand-Chef Marc Engelke klar. Was er meint?
Das Festival hätte unterbrochen werden müssen. Glück gehabt, der starke Wind blieb aus. Doch auch die Masse an Regen hatte die Crew ausreichend auf Trab gehalten.
Festival-Rekord: 25 Liter Regen pro Quadratmeter in 24 Stunden
Über den Juli seien alles in allem 125 Liter pro Quadratmeter gefallen - 13 Liter mehr als im bislang regenreichsten Deichbrand-Jahr 2008. Allein am Samstag und Sonntag hatte es pro Quadratmeter 25 Liter geregnet. „Das hat man der Fläche angemerkt“, sagt Engelke.
„Man kann 1,7 Millionen Quadratmeter Festivalfläche nicht so präparieren, als hätte es nicht geregnet.“ Die Übergangsbereiche, die Ein- und Ausfahrten der Camps und die Rettungswege seien aber beständig ausgebessert worden.

Obwohl Übergangsbereiche, Ein- und Ausfahrten der Camps und Rettungswege während der Festivaltage immer wieder ausgebessert wurden, war die Verkehrssituation vor allem beim Abreiseverkehr angesichts der Regenmenge schwierig. Foto: Leuschner
„Wir sind insgesamt zufrieden mit dem Festivalverlauf“, resümiert Marcus Itjen, Bürgermeister der Gemeinde Wurster Nordseeküste. Die Gemeinde leitet die Koordinierungsstelle für alle Behörden und den Veranstalter auf dem Festivalgelände und ist an den Festivaltagen rund um die Uhr präsent.
Obwohl das Bühnenprogramm noch tief bis in die Sonntagnacht hinein mit Acts wie Jan Delay, Beatsteaks und Marteria lief, hatten viele Festivalisten bereits die Heimreise angetreten. Das forderte den aufgeweichten Boden besonders heraus.
Neben Landwirten, die unermüdlich Autos aus dem Schlamm befreiten, waren auch 15 festivaleigene Fahrzeuge im Einsatz. „Ein Mitarbeiter von uns hat allein 400 Fahrzeuge rausgezogen“, berichtet Engelke. „25 Stunden Dauerregen - das war ein Schlag in den Nacken.“
Bürgermeister: Frühabreisewelle unter erschwerten Bedingungen
Matschige Wege, Park- und Campingflächen ließen sich angesichts der Wassermassen von oben nicht vermeiden, betont auch Bürgermeister Itjen. „Auf so viel Regen ist die Festivalinfrastruktur nicht ausgelegt.“ Wichtig sei es, mit den Gegebenheiten umzugehen. Und das habe - trotz des langen Abreisestaus am Sonntag - gut geklappt.
Itjen spricht von einer Frühabreisewelle unter „erschwerten Bedingungen“. „Man muss sich das so vorstellen: Wir füllen ein Fußballstadion über Feldwege und räumen es auch wieder über Feldwege.“

Von den aufgeweichten Parkplätzen konnten viele Autos am Sonntag nur mit Abschlepphilfe wegfahren. Foto: Arnd Hartmann
Marc Engelke ist unterm Strich „außerordentlich zufrieden“. Alles habe pünktlich öffnen können, Merchandise und Gastronomie hätten hervorragende Ergebnisse eingefahren - zumindest bis zum Zeitpunkt, an dem der Regen eingesetzt hatte. Die Temperatur ist nicht unter 16 Grad gefallen, und die Künstler hätten sich wohlgefühlt.
Auch wenn das Wetter den Bühnenablauf nicht hatte stören können, gab es dennoch eine Panne. Nach dem halben Set der international erfolgreichen Band Tokio Hotel fiel die Technik aus.
Gesundheitlicher Zwischenfall beim Tokio-Hotel-Auftritt?
In den sozialen Medien wurde eine andere Möglichkeit für die Unterbrechung diskutiert. Es habe einen gesundheitlichen Zwischenfall gegeben, weswegen die Band das Konzert unterbrochen habe. „Das kann ich zu 100 Prozent ausschließen“, sagt Engelke.

Beim Auftritt von Tokio Hotel am Freitagabend gab es technische Probleme - die in den sozialen Netzwerken für Gerüchte sorgten. Foto: Arnd Hartmann
Es gab einen technischen Defekt, an dem sowohl die Deichbrand- als auch die Tokio Hotel-Crew auf Hochtouren gearbeitet hatten. „Ich bin kein Fachmann und weiß nicht, welches Teil da genau betroffen war. Aber immer wieder hieß es: Gleich geht’s weiter.“ Doch nach einer halben Stunde war klar, dass die Veranstalter nun die Fans informieren müssen.
Wenige Momente, nachdem der Stage Manager über die technischen Probleme berichtete, tauchten Tokio Hotel mit der Akustikgitarre wieder auf. „Da war nichts abgesprochen. Das haben die einfach so gemacht“, sagt Engelke. Sie spielten ihren größten Hit „Durch den Monsun“, dann war ihre Spielzeit vorbei.
Der Deichbrand-Chef versichert, dass der Gig auf jeden Fall nachgeholt werden soll. Wenn es klappt, auch schon im kommenden Jahr. „Wir sind absolut im Guten auseinandergegangen. Alle Parteien zeigten vollstes Verständnis.“
Und wie fällt sein persönliches Fazit aus? „Es war ein Wechselbad der Gefühle, aber am Ende überwiegt der Stolz. Wir haben mittlerweile ein starkes organisatorisches Set-up, auch zusammen mit den Behörden. Petrus hat versucht, es uns schwerzumachen.
Das trotzdem alles so gut lief, liegt an der Crew. Der Aufbau hatte uns schon hart geprüft. Dass alle hintenraus noch mal so performt haben, war echt eine starke Leistung.“

Insgesamt waren täglich 270 Polizistinnen und Polizisten pro Tag auf dem Deichbrand im Einsatz. Foto: Iven
Polizeibilanz
Die Festivalwache der Polizei Cuxhaven hat während der Veranstaltung 99 Straftaten registriert - 11 weniger als 2022 und 31 weniger als 2019. Es habe sich dabei um „festivaltypische“ Delikte wie Diebstähle, einfache Körperverletzungen, Erschleichen von Leistungen und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gehandelt.„Ich bin mit dem Veranstaltungsverlauf trotz der schwierigen Verkehrssituation zufrieden. Es ist immer eine Herausforderung, die richtige Balance zwischen Präsenz und Intervention zu finden, das ist den Einsatzkräften dieses Jahr wieder mal hervorragend gelungen“, bilanziert Kriminaldirektor Arne Schmidt, Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven.
Insgesamt waren täglich rund 270 Beamte aus der Zentralen Polizeidirektion in Hannover, Osnabrück und Oldenburg, der Polizeiakademie Niedersachsen, der Polizeidirektion Oldenburg und aus der Polizeiinspektion Cuxhaven im Einsatz.