Bremerhaven

Parteien bekennen sich: Klimaneutral bis 2038 - und der Forst bleibt städtisch

Wenn es um Klima und Natur geht, ist Leben in der Bude: Mehr als 100 Gäste sind in den großen Saal der Volkshochschule gekommen, um vor der Wahl konkrete Aussagen von der Politik zu erhalten - und die gab es dann auch.

Mehr als 100 Gäste sind zur Podiumsdiskussion in die VHS gekommen. Sie hatten viele Fragen zum Klima- und Naturschutz an die Politik.

Mehr als 100 Gäste sind zur Podiumsdiskussion in die VHS gekommen. Sie hatten viele Fragen zum Klima- und Naturschutz an die Politik. Foto: Ralf Masorat

Die SPD, die CDU und die Grünen und Linke gaben ihr Wort, dass der Stadtwald „Reinkenheider Forst“ städtisch bleibt und nicht an einen Investor verkauft werden soll. Der Initiative „Rettet den Reinkenheider Forst“ war diese Frage besonders wichtig. „Nein, es wird nicht verkauft“, stellte Thomas Ventzke von der CDU klar.

Blick in den Reinkenheider Forst im April 2023. 

Blick in den Reinkenheider Forst im April 2023. Foto: Arnd Hartmann

Für die FDP käme auch ein privater Investor infrage

Nur Hauke Hilz, der für die FDP an der Podiumsdiskussion teilnahm, ließ sich darauf nicht festlegen. Der Stadtwald „Reinkenheider Forst“ könne sich auch unter einem Investor ökologisch hochwertig weiterentwickeln, gab Hilz zu bedenken. Sönke Hofmann, der für den Naturschutzbund NABU im Publikum saß, wollte das nicht so stehen lassen. „Wer Investor ist, möchte auch eine Wirtschaftlichkeit. Diesen Druck hat die Stadt nicht, wenn sie den Wald entwickelt.“ Hofmann, von Beruf Förster, räumte auch mit der Vorstellung auf, der Reinkenheider Forst eigne sich als Friedwald. Die Bäume im Reinkenheider Forst seien viel zu jung, außerdem stehe man nach wenigen Spatenstichen im Wasser, erklärte Hofmann.

Schottergärten sollen verboten werden

Eine klare Antwort hatten die politischen Vertreter auch auf die Frage von Elisabeth Goth vom Verein Zolli Initiative parat, wie es mit den Schottergärten in Bremerhaven weitergehen soll. Wiederum bekannten sich alle Parteien - bis auf FDP und „Bürger in Wut“ - dazu, dass es künftig per Ortsgesetz verboten wird, Schottergärten neu anzulegen. Allerdings - und auch da waren sich die Parteien vergleichsweise einig - dürfte es rechtlich schwer werden, schon bestehende Schottergärten entfernen zu lassen.

Klimaschutzstrategie 2038 ist für alle bindend

Die Parteien - bis auf die „Bürger in Wut“ - bekannten sich auch eindeutig zur Klimaschutzstrategie 2038 des Landes für Bremen und Bremerhaven. Die Frage dazu hatte Christiane Sundermeyer von „Parents for Future“ gestellt. Das heißt: Die Stadt Bremerhaven soll bis 2038 klimaneutral werden.

Christiane Sundermeyer. Foto: Masorat

Christiane Sundermeyer. Foto: Masorat Foto: Ralf Masorat

„Die Enquete-Kommission ist für uns selbstverständlich bindend“, unterstricht etwa Sönke Allers (SPD). Als es dann in die Details ging, zeigten besonders beim Thema Naturschutz Claudius Kaminiarz (Grüne) und Francesco-Hellmut Secci (Linke), dass sie noch ein kleines bisschen tiefer in der Materie steckten als ihre Mitbewerber. Julia Tiedemann („Bürger in Wut“) bekannte sich grundsätzlich zum Klimaschutz, räumte aber ein, dass ihre Partei vor allem bei Sicherheit und Bildung Stärken habe.

Parteien sind für den Energiewende-Hafen

Sönke Hofmann vom NABU wollte wissen, ob man den geplanten Energiewende-Hafen, wie den gescheiterten OTB, wieder direkt am Blexer Bogen in die Weser hineinbauen wolle - aus Naturschutzsicht wäre das mehr als bedenklich. Die meisten Parteien-Vertreter machten deutlich, dass daran wohl kein Weg vorbeiführe. „Wir brauchen diesen Hafen“, machte Sönke Allers (SPD) deutlich, das sei eine Frage des Klimaschutzes und der Sicherheit der nationalen Energieversorgung.

Bürger wollen mehr Mitsprache, wenn Natur überplant werden soll

Carola Gerken engagiert sich mit der „Grünen Oase Lehe“ gegen das geplante Neubaugebiet „Ackmann“, das dort Zehntausende Quadratmeter Grünfläche mit Baumbestand gefährdet. Gerken forderte, dass die Politik künftig immer mit den Bürgern gemeinsam entscheiden müsse, wenn es darum gehe, Natur zu überplanen. Nur den Bürgerinitiativen sei es zu verdanken, dass Schlimmeres verhindert worden sei . „Ohne Marnie Knorr gäbe es die Neue Aue nicht mehr, ohne Corinna Förster den Reinkenheider Forst nicht mehr, und ohne die „Grüne Oase Lehe“ gäbe es das Ackmann-Gebiet nicht mehr.“ Nach dieser Aussage brandete Applaus im Saal auf. Die Parteien-Vertreter versprachen unter anderem, dass sie nach der Wahl das Bürger-Petitionsverfahren ändern werden - das solle nur noch hinter verschlossenen Türen stattfinden, wenn der Antragsteller das wolle.

22-Jährige sorgt für bewegenden Moment

Für einen Moment, der sichtbar alle Zuhörer sowie Podiumsteilnehmer bewegte, sorgte die 22-jährige Siw Barnkow. Die junge Bremerhavenerin von „Fridays for Future“ sagte selbst, dass es sie einiges an Überwindung gekostet habe, vor so vielen Menschen zu sprechen. Sie bat alle Politiker eindringlich darum, zu hinterfragen, was ihr Handeln für die Zukunft der Kinder dieser Stadt bedeute, die wie alle Städte von der Klimakatastrophe bedroht sei. Barnkow fand, dass die Parteienvertreter gute Punkte zum Klimaschutz genannt hätten - doch das hätten sie schon oft, und am Ende sei nichts passiert. Das solle dieses Mal doch bitte anders sein.

Corinna Förster. Foto: Masorat

Corinna Förster. Foto: Masorat Foto: Ralf Masorat

Jens Gehrke

Reporter

Jens Gehrke wurde in Bremerhaven geboren und ist seit 2011 im Verlag. Der Reporter, Jahrgang 1984,  fühlt sich im Cuxland genauso zu Hause wie in der Seestadt. Der Schwerpunkt liegt auf der Politik-Berichterstattung. Privat interessiert ihn vor allem der Sport.

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