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Selsinger Fußball-Legende und Torjäger Christian Bösch dankt ab

Er wurde das „Phantom“ genannt, war Kreisliga-Torschützenkönig und Selsinger Pokalheld: Christian Bösch beendet mit 41 Jahren aufgrund eines Knieschadens seine Laufbahn. Beim Spiel der Legenden im kommenden Jahr will er aber noch einmal auflaufen.

Legenden unter sich: Die Selsinger Kicker Christian Bösch (rechts) und Daniel Ariens.

Legenden unter sich: Die Selsinger Kicker Christian Bösch (rechts) und Daniel Ariens. Foto: MTSV Selsingen

Eine Geschichte erzählt vieles über den Fußballer, aber auch über den Menschen Christian Bösch. „Wir hatten ein Altherren-Spiel. Ich weiß gar nicht mehr gegen wen“, erzählt sein langjähriger Mitspieler und späterer Trainer Daniel Ariens. „Böschi wurden am Vortag die Weisheitszähne gezogen. Seine Backen waren ganz dick, er konnte kaum sprechen. Er wollte gar nicht spielen. Aber am Tag des Spiels fehlten uns viele Leute, also hat Böschi gesagt: ‚Ich stelle mich auf den Platz, aber ich spaziere nur rum, mache keinen einzigen Zweikampf.‘ Nach fünf Minuten hat er dann zu unserem Mitspieler Henning Witten gesagt: ‚Ach sch... drauf, ich zieh‘ jetzt durch‘ und drei Tore gemacht. So ein Typ war Böschi auf dem Feld, so eine Einstellung hatte er. Er konnte gar nicht anders.“

Christian Bösch schoss Tore, die nur er auf diese Weise schießen konnte

Es gibt Menschen, bei denen scheint immer alles glattzulaufen. Christian Bösch war nie so einer. Nicht nur auf dem Fußballplatz gab es schwierige Zeiten. Er hatte es nicht leicht und er machte es anderen und vor allem sich selbst oft nicht leicht. Doch auf dem Fußballfeld machte er Dinge, die sonst niemand im Kreisfußball tat, schoss Tore, die nur er so schießen konnte, Tore aus scheinbar unmöglichen Winkeln und Lagen. „Die unmöglichen Dinger waren meine“, so Bösch.

Der Mittelstürmer hatte nur ein Ziel auf dem Fußballfeld: Tore, Tore, Tore

Seine besten Zeiten liegen schon etwas zurück. Er hatte als Torschützenkönig (29 Treffer) 2006 maßgeblichen Anteil am Aufstieg von Selsingens Erster Herren in die Kreisliga. Ein Jahr darauf folgte sein bestes Jahr. Gemeinsam mit seinem kongenialen Sturmpartner Torben Arnold, schoss er den MTSV zum Pokaltriumph, erzielte beim 4:1-Endspielsieg gegen Stemmen zwei Tore, und in der Liga lieferte er sich mit Cedric Ahrens ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Torjägerkrone.

„Ich hatte erst im November gegen Gnarrenburg mit dem Toreschießen richtig angefangen“, erinnert sich Bösch. „Cedric Ahrens hatte zwischenzeitlich schon 10, 15 Tore mehr.“ Doch dann traf und traf der damals 22-Jährige auf spektakulärste Art und Weise: Drehschüsse, Dropkicks, Tore von der Grundlinie. Am Ende der Saison hatte er, genauso wie Ahrens, 33 Tore erzielt. „Er war der mit Abstand beste Selsinger Stürmer der jüngeren Geschichte“, so Daniel Ariens. „Ein klassischer Mittelstürmer-Typ, wie es ihn kaum noch gibt. Sein Ziel waren Tore, Tore, Tore.“

2008: Christian Bösch erzielte beim 9:1-Sieg des MTSV Selsingen gegen den TuS Tiste vier Treffer. Dem Selsinger gelangen dabei drei Tore hintereinander, also ein Hattrick.

2008: Christian Bösch erzielte beim 9:1-Sieg des MTSV Selsingen gegen den TuS Tiste vier Treffer. Dem Selsinger gelangen dabei drei Tore hintereinander, also ein Hattrick. Foto: bz/kai

Zu Beginn seiner Laufbahn hat ihm niemand solche Erfolge zugetraut

Dabei hatte ihm zu Beginn seiner Laufbahn wohl niemand in Selsingen solche Erfolge zugetraut: Bösch begann in der Dritten Herren des MTSV, in der untersten Spielklasse. Aber er wollte mehr, ging zum Training der Ersten Herren und biss sich durch, denn der Selsinger war immer auch ein Kämpfer. Einer, der auf dem Platz alles für sein Team gab, der aber das Vertrauen und den Zuspruch seiner Mitspieler und Trainer brauchte und sich wohl und anerkannt fühlen musste, um wirklich gut zu sein. „Böschi war ein Typ, den der eine oder andere nicht so richtig einschätzen konnte. Er war absolut verlässlich. Den hättest du um drei Uhr nachts anrufen und um einen Gefallen bitten können. Er hätte es gemacht“, so Daniel Ariens.

Christian Bösch verließ Selsingen und versuchte sein Glück beim SV Deinste

Nach einigen Jahren verließ er Selsingen, versuchte sein Glück im Nachbarkreis beim SV Deinste, später auch kurz noch in Sandbostel. Aber er fand es nicht mehr. Mit 27 Jahren hörte er mit dem Fußball auf. Sechs Jahre lang kein Training, kein Spiel mehr. Bösch schien für den Fußball verloren zu sein. Durch einen Zufall fand er zum Fußball zurück. „Zufällig traf ich einige alte Mannschaftskameraden und habe mit ihnen geredet. So begann das alles wieder“, so Bösch.

Es war ein „Happy-Gilmore“-Comeback. Auf dem Fußballplatz war es fast so, als wäre er nie weg gewesen. Er schoss die Zweite Herren zum Aufstieg in die Erste Kreisklasse, wurde zweimal mit der S-32 Meister. Er erzielte allein im Jahre 2018 um die 50 Tore und feierte als Aushilfe ein spektakuläres Comeback in der Ersten Herren, schoss im Spiel gegen Stemmen ein Tor und gab zwei Vorlagen.

In den vergangenen Jahren plagten den Hobbyfußballer Verletzungen

Doch in den vergangenen Jahren plagten den Selsinger oft Verletzungen - Kniebeschwerden, ein Armbruch, Rückenprobleme – und nun geht es endgültig nicht mehr: „Meine beiden Knie, der Rücken, es geht nicht mehr“, so Bösch, der sich bei seinen langjährigen Mitspielern mit einer Nachricht bedankte. In der hieß es: „Danke für die wunderbare Zeit, und dass ich immer wieder gut bei euch aufgenommen wurde“, so Bösch, der - wenn möglich - noch einmal auf dem Fußballplatz stehen möchte. „Für nächstes Jahr ist in Selsingen das Legendenspiel geplant und da möchte ich, wenn es irgendwie geht, dabei sein“, so Bösch.

Andreas Meier

Freier Mitarbeiter

Andreas Meier ist als freier Mitarbeiter für den Nordsee Medienverbund bestehend aus Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung tätig. Seine Berichte finden sich unter diesem Autorenprofil gesammelt wieder.

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