Cuxland

Gekürzte Förderung lässt Traum von Pelletheizung platzen

Mit hohen Zuschüssen wollte der Staat Hausbesitzer zum Austausch ihrer alten Öl- und Gasheizungen bewegen. Fast über Nacht wurden die Förderquoten nun von der Bundesregierung eingedampft. Vor allem Pelletheizungen dürften so zum Ladenhüter werden.

Pellets als Energieträger sind für viele Eigenheimbesitzer eine Alternative zu Öl und Gas.

Eine Zentralheizung mit Pellets als Energieträger ist eine Alternative zur Öl- und Gas-Heizung. Doch die Anschaffung ist teuer, und staatliche Zuschüsse wurden inzwischen stark gekürzt. Foto: Schuh/dpa

Den 26. Juli 2022 wird Markus K. so schnell nicht vergessen. Während er mit seiner Familie am Strand in Frankreich lag, platzte in Berlin eine Bombe - und mit ihr K.s Traum von der neuen Heizung in seinem Lunestedter Eigenheim.

Wie vielen Hausbesitzern machten die steigenden Energiepreise auch K. zu schaffen. Die Kosten für das Befüllen der Heizöltanks im Keller seines Einfamilienhauses kletterten innerhalb eines Jahres von rund 1.800 Euro auf knapp 4.700 Euro. K. und seine Frau zogen die Reißleine und planten den Austausch der Öltherme gegen eine Pelletheizung - bis zu jener Entscheidung der Bundesregierung Ende Juli.

Rund 10.000 Euro weniger vom Staat für die Pelletheizung

Ziel der Reform sei es, so das Wirtschaftsministerium, möglichst vielen Menschen den Zugang zu Förderprogrammen zu ermöglichen und damit die energetische Sanierung der Bestandsgebäude auf breiter Front voranzutreiben. Im Gegenzug wurden Förderquoten zum Teil drastisch gekürzt - vor allem für den Einbau sogenannter Biomasseanlagen wie Pelletheizungen. Statt mit einem Zuschuss in Höhe von bis zu 45 Prozent müssen Hausbesitzer künftig mit höchstens 20 Prozent vorliebnehmen. Bei einer Investition von 40.000 Euro bedeutet dies eine Kürzung von 10.000 Euro.

Eine solche Summe aus eigener Tasche zu bezahlen, war Markus K. nicht möglich. Seinen richtigen Namen will der zweifache Vater nicht in der Zeitung lesen. Neben der Wut über die kurzfristig umgesetzte Reform der staatlichen Gebäudeförderung plagen K. auch Selbstvorwürfe. „Den Termin beim Energieberater wollte ich vor dem Urlaub längst gemacht und den Förderantrag eingereicht haben“, sagt er. „Jetzt ist es zu spät. Die neue Anlage können wir uns nicht mehr leisten.“

Auch für Energieberater wie Michael Plümer aus Debstedt kam die Nachricht von den Kürzungen ohne Vorwarnung. Gut zwei Wochen - bis zum 15. August - blieben ihm und seinen Kollegen, um in einer Hauruckaktion alle Kunden, die eine Sanierung planten und noch keinen Förderantrag gestellt hatten, zu informieren und die Formulare beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, einzureichen. „Wir haben unsere komplette Belegschaft aus dem Urlaub zurückgeholt“, sagt Plümer. „Ein Mitarbeiter war gerade in Italien unterwegs und hat sich in Venedig in einem Hotel eingemietet, nur um Anträge auszufüllen.“

Ein Förderbescheid des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für den Einbau einer Wärmepumpe.

Bis vor kurzem verschickte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) noch solche Förderbescheide. Bis zu 50 Prozent gab es etwa für Hausbesitzer, die ihre alte Ölheizung gegen eine Wärmepumpe tauschen wollten. Inzwischen beträgt die Förderung nur noch 35 Prozent der Investitionskosten. Foto: Lothar Scheschonka

Auch Kenny Meier aus Sievern berichtet von schlaflosen Nächten, in denen der Energieberater seinen Kunden die höheren Förderquoten sicherte. „In 14 Tagen haben wir etwa 70 Anträge eingereicht“, sagt Meier. „Der überwiegende Teil davon bezog sich auf den Einbau einer Wärmepumpe.“ Auch die Zuschüsse für den als Lösung aller Energieprobleme hochstilisierten Wärmeerzeuger wurden zurückgefahren. Wer seit dem 15. August einen Antrag auf den Austausch seiner Ölheizung gegen eine Wärmepumpe stellt, erhält maximal 35 Prozent vom Staat dazu - verglichen mit bis zu 50 Prozent vor der Reform.

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Der Sanierungsfahrplan war bislang der Türöffner.

Kenny Meier, Energieberater aus Sievern

Was Energieberater Meier besonders wurmt, ist der Wegfall des Förderbonus in Höhe von fünf Prozent. Der Bonus kam bislang beim Heizungstausch hinzu, wenn im Vorfeld ein Sanierungsfahrplan durch einen Energieberater erstellt worden war. Er lieferte einen detaillierten Überblick über mögliche Sanierungsmaßnahmen und deren Einsparpotenzial. Zwar kostete auch der Fahrplan den Bauherrn einen Eigenanteil von mehreren hundert Euro, durch den Förderbonus lohnte sich die Ausgabe aber trotzdem - nicht nur finanziell, wie Meier betont.

Plötzlich ist der Terminkalender wie leergefegt

„Der Sanierungsfahrplan war bislang der Türöffner“, so der Energieexperte. „Leute, die eigentlich nur einen höheren Zuschuss für eine neue Heizung haben wollten, haben dadurch gemerkt, dass man mit weiteren, relativ kleinen Maßnahmen viel erreichen kann.“ Meier nennt als Beispiele die Dämmung von Kellerdecke, oberster Geschossdecke oder das Einbringen einer Einblasdämmung. „Mit Blick auf die Kosten-Nutzen-Rechnung sind das Supermaßnahmen.“

Weil ein Sanierungsfahrplan Zeit braucht, kamen Meiers Kunden, die ihre Anträge noch vor Ablauf der Frist einreichen mussten, nicht mehr in den Genuss des Extra-Zuschusses. Für den Energieberater selbst sind die Auswirkungen noch gravierender: „Diese Termine hatte ich für die zweite Jahreshälfte ja bereits abgemacht. Aber die wenigsten Hausbesitzer wollen jetzt noch einen Sanierungsfahrplan.“ War er vorher bis in den Februar 2023 ausgebucht, hat Meier nun schon ab Oktober wieder Kapazitäten.

Die „Rasur aller Programme“ sei weder nachzuvollziehen noch irgendjemandem zu vermitteln, findet der Hagener Architekt und Energieberater Andreas Knappe. „Man berät die Kunden, muss aber im gleichen Satz sagen: Das gilt nur für den Moment, ich weiß nicht, was in ein paar Wochen oder Monaten ist. In der Vergangenheit gab es solch geringe Halbwertszeiten nicht.“

Mark Schröder
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