„Es wurde bei uns schon länger über die Gründung einer Ü30-Mannschaft nachgedacht, tatsächlich hat sich aber nichts getan - und da habe ich dann kurzerhand mit drei anderen Frauen die Initiative ergriffen“, erklärt Fußballerin Romina Wellbrock. „Es gab auch gleich genügend Interessierte, so dass wir sofort eine komplette Truppe zusammen hatten“, freut sich Mitinitiatorin Laura Steffens.
Mittlerweile gehören etwa 20 Frauen zum Kader der Ü30-Mannschaft der SG Anderlingen/ Byhusen. Die Truppe besteht erst seit rund einem Jahr - damit sind sie eine von lediglich zwei Mannschaften im Kreis. Doch bei ihnen ist noch etwas anderes ungewöhnlich - es gibt kein Training.
„Wir machen kein Training, weil das eine zusätzliche Verpflichtung wäre - und das möchten wir alle nicht mehr. Unsere Prioritäten haben sich verschoben. Wir wollen jetzt nur noch kicken und einfach Spaß haben“, lacht Laura Steffens. „Wenn ich das ganze Programm haben möchte, kann ich ja in der ersten oder zweiten Damenmannschaft in Anderlingen spielen oder dort mittrainieren“, ergänzt Romina Wellbrock.
Dass sie dennoch ernsthaft spielen wollen, ist den Frauen anzumerken. Ehrgeiz haben alle noch, deshalb spielen sie in der Kreisklasse und sind keine reine Kneipenmannschaft. „Etwas Anreiz muss schon sein, ansonsten würde es sich im Sande verlaufen“, sinniert Kapitänin Laura Steffens. „Wer von uns ausgefeilte Spielzüge oder eine ausgeklügelte Taktik erwartet, den müssen wir allerdings enttäuschen. Wir kennen uns zwar alle aus der SG Anderlingen/Byhusen - aber wir trainieren und üben eben nicht. Dennoch verstehen wir uns auf dem Spielfeld prima“, meint die Kapitänin.
Dabei schöpfen die Frauen immer ihr Einwechselpotential aus. „So kommen möglichst viele zu ihrem Einsatz“, weiß Wellbrock. Aber es gibt auch einen ganz anderen Grund. „Die Puste reicht einfach bei einigen nicht mehr, um die ganze Zeit durchzuspielen - und auch die Knochen machen nicht mehr so mit wie früher“, stellt Steffens nüchtern fest.
Dass die Anderlinger Frauen ein Zeichen setzen und ein Vorbild sind, merken die Kickerinnen an der Reaktion anderer Frauen. „Es kommen viele Zuschauerinnen, nicht nur aus dem Verein. Man hört, dass viele noch Lust haben, Fußball zu spielen - aber den meisten fehlt in ihrem Alltag einfach die Zeit für das Training“, so Wellbrock.
„Vielleicht gibt es ja bald mehr Vereine im Kreis, die Frauen ab 30 noch die Möglichkeit zum Kicken geben“, hofft Steffens. Sponsoren haben auf alle Fälle erkannt, dass die Fußballfrauen gute Werbeträger sind. „Wir sind ziemlich gut ausgestattet, jedenfalls besser als früher, als ich bei den ersten Frauen angefangen habe“, lacht die 35-jährige Wellbrock.
Dass sie in der Kreisklasse im Mittelfeld der Tabelle spielen, freut die Anderlinger Ü30-Frauen. Einige reizt es aber schon, ganz oben mitzuspielen. „Vielleicht sollten wir einmal im Monat doch noch eine Trainingseinheit absolvieren“, meint Wellbrock dazu. „Aber nur, wenn der Spaß im Vordergrund steht und es keine Verpflichtung ist“, schiebt die 35-Jährige schnell hinterher. Wer also wieder Lust hat zu kicken oder mit dem Spielen anfangen will, ist bei den Anderlinger Frauen willkommen.

Über so einen großen Kader würde sich so manche Mannschaft freuen: Die Ü30-Frauen der SG Anderlingen/Byhusen. Foto: Ernst Matthiesen