Diese Strecke führt von Stade über den Brenner nach Rom und war lange Zeit in Vergessenheit geraten. Der Pilgerweg folgt den Spuren des Abtes Albert von Stade. Er pilgerte 1236 nach Rom, um den Papst um die Genehmigung der neuen Ordensregel seiner Gemeinschaft zu bitten. In detaillierten Aufzeichnungen beschrieb er verschiedene Wege, die vor mehr als zehn Jahren von dem Förderverein „Romweg – Abt Albert von Stade“ wiederbelebt wurden. Seit 2020 ist die Via Romea eine zertifizierte „Kulturroute des Europarates“.

Im Pilgerbuch gibt es für jede Station einen Stempel. Es ist der Nachweis des Pilgers, dass er den Weg zurückgelegt hat. Foto: Hennings
Grenzen überwinden
Wichtig ist Thomas Dahms, dass diese Pilgerwanderung offen für alle ist, die mitgehen wollen. „Es ist ein stetiger Wechsel in der Gruppe und es spielt keine Rolle, ob man gleich von Anfang an dabei ist, oder später dazukommt, nur einige Tage mitpilgert, oder bis nach Rom geht.“ Nan Karlson zum Beispiel ist im norwegischen Asker am 3. Mai gestartet, hat sich am Sonntag der Gruppe angeschlossen, die in Stade gestartet ist und wird bis Rom gehen.
Während Pilgerreisen ursprünglich religiös motiviert waren, hat heute jeder Pilger seine ganz eigenen Gründe, um den Rucksack zu packen, die Wanderschuhe zu schnüren und loszugehen.

Auf dem Weg von Heeslingen nach Zeven geht die Gruppe auch am Haus von Brigitte Kammigan in Offensen vorbei, bei ihr können Pilger übernachten. Foto: Hennings
Inzwischen ist Sigrid Strüber schon so einige Pilgerwege gegangen. Sie ist Patin der Via Romea-Strecke von Stade bis Zeven. Sie schätzt die Reduziertheit während des Pilgerns und die geschärfte Aufmerksamkeit für die Umgebung. „Pilgern bedeutet gehen, essen, trinken, schlafen und natürlich die Begegnungen mit den Menschen. Wenn ich gehe höre ich die Vögel zwitschern, rieche den Wald, die Wiesen, spüre das Wetter. Das geht mir im Alltag leider verloren.“ Und glücklicherweise kennt das Pilgern keine Altersbeschränkung. „Durch Schleswig Holstein ist eine 82-Jährige mitgelaufen. Etwas langsamer, aber immer noch topfit“, erinnert sich Sigrid Strüber begeistert.
Den Kopf frei bekommen
Zu der Reduziertheit gehören auch die einfachen Übernachtungen. „Wir schlafen in Turnhallen oder in Gemeindehäusern. In Heeslingen zum Beispiel haben wir die Nacht im Heimathaus verbracht. Natürlich gibt es auch Pilger, die für die Nächte Hotels buchen, das macht jeder so, wie es ihm gefällt“, erzählt die Streckenpatin.
Andreas, wir belassen es an dieser Stelle beim Vornamen, ist in Heeslingen zu den Pilgern gestoßen und begleitet die europäischen Wanderer auf einem kleinen Teil der Strecke. Corona, Lockdown, Homeoffice und -Homeschooling haben ihn an sein absolutes Limit gebracht. Diagnose Burnout. „Dadurch habe ich das Wandern für mich entdeckt. Es ist der perfekte Weg, das Gedankenkarussell zu unterbrechen und den Kopf wieder frei zu bekommen.“
Via Romae in Deutschland
Karte: maps4news.com/©OSM
Es gibt viele Pilgerwege, die kreuz und quer durch Deutschland und Europa führen. Es folgt eine kleine Auswahl.
1. Jakobsweg
Einer der bekanntesten Pilgerwege weltweit ist der Jakobsweg. Die Jakobswege waren ursprünglich Handelsstraßen, die auch von Pilgern genutzt wurden. Der eigentliche Jakobsweg ist der Camino Francés, der von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela im nördlichen Spanien führt. Ein breites Wegenetz führt durch die europäischen Länder auf diesen Weg. Sein Zeichen ist die stilisierte gelbe Jakobsmuschel.
2. Via Romea
Die Via Romea ist 2200 Kilometer lang, beginnt in Stade, führt über Österreich und den Brenner und trifft auf dem letzten Abschnitt westlich von Viterbo in Mittelitalien auf die Via Francigena, die direkt nach Rom führt. Ihr Zeichen ist der Pilgerstab auf violettem Grund.
3. Lutherweg
Der Lutherweg ist rund 400 Kilometer lang und führt durch die Bundesländer Hessen, Thüringen, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Er beginnt an der Wartburg in Eisenach und endet in Worms. Den Namen erhielt der Pilgerweg durch Martin Luther, der vermutlich im Jahre 1521 diesen Weg zurücklegte. Zu erkennen ist der Pilgerweg an einem grünen L auf weißem Grund.
4. Eifelsteig
Der Eifelsteig ist 313 Kilometern lang und landschaftlich reizvoll. Felsen, viel Wasser, das größte intakte Hochmoor Europas, Kirchen und Klöster begleiten die Strecke.
5. Crescentia-Pilgerweg
Durch das Allgäu führt der 90 Kilometer lange Crescentia-Pilgerweg. Verschiedene Stationen gedenken der Heiligen Crescentia von Kaufbeuren, die von 1682 bis 1744 lebte.
6. Hermannsweg
Der Hermannsweg im Teutoburger Wald folgt den Spuren Arminius, oder Hermann des Cheruskers, der die Römer in der Varusschlacht schlug. Dieser Weg ist
156 lang, beginnt in Rheine und führt bis nach Marsberg.
7. Alte Salzstraße
Eine alte Nord-Süd-Verbindung, die heute zu den Pilgerwegen in Deutschland gehört, ist die Alte Salzstraße von Lübeck nach Lüneburg. Die ehemalige Handelsroute ist 116 Kilometer lang.