Hagen

In Rechtebe wird einem alten Brauch neues Leben eingehaucht

Mehrere Jahre lang musste das „Neujahrskloppen“ in Rechtebe pausieren - weil es in dem kleinen Ort keine Kinder im passenden Alter für den Brauch gab. Doch nun konnte die alte Tradition wieder ausgelebt werden.

„Ick bin so’n lüttjen König, geeft mi nich to wenig“, tönt es von den Rechtebeer Kindern zum neuen Jahr an der Haustür von Lothar und Elke Becker. Für die guten Wünsche gibt es Süßigkeiten für die Kinder.

„Ick bin so’n lüttjen König, geeft mi nich to wenig“, tönt es von den Rechtebeer Kindern zum neuen Jahr an der Haustür von Lothar und Elke Becker. Für die guten Wünsche gibt es Süßigkeiten für die Kinder. Foto: Baur

„Graleer jo ok to’n neen Johr, veel Glück un Segen und een langet Leben“, klingt es aus den Kehlen von Feliné (7), Jolina (8), Mia-Sophie (9), Enyo (11), Lennox (8), Emma (7) und Lara (11) vor den Türen der Häuser in Rechtebe. Damit wünschen sie den Einwohnern ein frohes neues Jahr.

Dieser Brauch des „Neujahrkloppens“ war in den Dörfern des Südkreises früher allgemein üblich, ist aber heute weitgehend eingeschlafen, weil die Halloween-Welle aus Amerika über den großen Teich geschwappt ist und dieser Sitte den Rang abgelaufen hat. Hier brauchen die Kinder dann auch nur noch „Süßes oder Saures zu sagen“ und bekommen Süßigkeiten.

Beim Neujahrkloppen heißt es auf Plattdeutsch: „Ich bin so’n lüttjen König, geeft mi nich to wenig, lat mi nich to lange stahn, denn ick mut noch wietergahn“. Ob der lüttje König von den Heiligen Drei Königen abstammt, ist nicht überliefert, aber auf jeden Fall bitten die Kinder auch hier um Süßigkeiten. Früher wurden extra für diesen Tag Waffelröllchen, die sogenannten Neujahrskuchen, gebacken und bis zum Jahreswechsel in Milchkannen gelagert. „Wenn wir dann früher von unserer Tour durch das Dorf nach Hause kamen, hatten wir meistens nur noch Krümel in unseren Beuteln“, erinnert sich Elke Becker. Heute gibt es meistens verpackte Süßigkeiten.

Keine Kinder im passenden Alter

In Rechtebe war dieser alte Brauch auch schon für einige Jahre eingeschlafen. „Das lag aber nicht daran, dass er bei uns aus der Mode gekommen war, sondern dass wir in unserem etwa 50-Seelen-Dorf keine Kinder im passenden Alter hatten“, sagt Ortsvorsteher Lothar Becker. So trommelte Florian Hinners alle Kinder des Dorfes zusammen. Die älteren brachten den Kleinen schnell den plattdeutschen Spruch bei, und schon ging es von Tür zu Tür.

Ganz neu war dieser Brauch für Jörg und Frauke Bessel, die mit ihrem Sohn Enyo erst seit einigen Jahren in Rechtebe wohnen. „Wir finden es schön, dass wir in der Dorfgemeinschaft so gut aufgenommen worden sind und auch die alten Bräuche kennenlernen“, sagen beide.

Vor verschlossene Türen kamen die Kinder an diesem Tag nirgends. Wenn das früher einmal passierte, hatten sie auch immer den passenden Spruch parat: „Witten Twirn und swarten Twirn, giezige Lüe, de geeft nich gern“. Am Nachmittag gehen dann meistens noch die Erwachsenen in der Nachbarschaft herum, um die guten Wünsche zum neuen Jahr zu überbringen und erhalten dafür einen Grog. Denn auch das ist eine alte Sitte in den Dörfern, dass die Überbringer guter oder auch schlechter Nachrichten einen „Kleinen“ eingeschenkt bekommen.(skw)

Otto Baur

Freier Mitarbeiter

Otto Baur ist als freier Mitarbeiter für den Nordsee Medienverbund bestehend aus Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung tätig. Seine/Ihre Berichte finden sich unter diesem Autorenprofil gesammelt wieder.

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